Simultan
Die Bühne! Die Bühne!
Aus Simultan
Als John auf die Bühne kam und zu spielen begann, war Barbara in einem Zustand, in dem sie nicht einmal mehr das Kreischen der Menge hörte, von der Musik gar nicht zu sprechen. Obwohl sie es seit Wochen geplant hatte, konnte sie nicht glauben, dass ihr Plan geglückt war. Sie war schwanger, das wusste sie. Sie traute sich fast nicht, sich zwischen den Leuten zu bewegen, um dem Kind keinen Schaden zuzufügen und hielt beide Hände schützend vor den Bauch. Auf diese Weise in der Menge eingepfercht stand sie da und war froh, dass das erste, was ihr Kind von dieser Welt mitbekam, Johns Musik war. Plötzlich wurde sie an der Schulter gepackt und nach hinten gezogen. Als sie sich umdrehte, stand Gilles vor ihr, seine rechte Gesichtshälfte war leicht angeschwollen und die Haut um das Auge blau-grün gefärbt. Er schien sehr aufgebracht und brüllte irgendwas, doch der Lärm um sie herum war zu gross. Barbara schlug seinen Arm von ihrer Schulter, schrie „Jetzt nicht“, und wollte weg von Gilles. Doch die Leute standen zu dicht und Gilles war immer noch direkt hinter ihr. Sie wollte ihn von sich weg haben, drehte sich zu ihm hin, ging so nah an sein Ohr wie möglich und sagte: „Ich habe heute mit John geschlafen.“ Barbara versuchte, sich von Gilles zu entfernen. Sein Gesichtsausdruck war nicht zu deuten, aber er packte sie am Arm und riss sie zu sich hin, Barbara versuchte auf die Seite auszuweichen. „Geh weg. Ich brauche dich nicht mehr“, schrie sie. Gilles hörte nicht auf, an ihr zu reissen. Auf einmal begannen sich Leute einzumischen. Ein Mann stellte sich schützen vor Barbara, ein anderer zog Gilles von ihr weg. Gilles verschwand in der Menge und Barbara bedankte sich, sie konnte Gilles nicht mehr sehen, also schaute wieder zur Bühne. Einige Minuten später war ein Knall zu hören und Barbara sah zu wie John rückwärts umfiel. Die Leute begannen zu schreien, auch Barbara und drängten zu den Ausgängen. Doch zum Ausgang wollte Barbara nicht, sie wollte nach vorne zur Bühne, zu John. Sie musste wissen, was los war, also schlug sie sich durch den Strom. Sie sah, dass jetzt viele Leute die Bühne stürmten, sie konnte Polizisten und Sanitäter erkennen. Plötzlich war ein lautes Knarren und dann ein Krachen zu hören. Die Bühne! Die Bühne! Sie war gesunken, weg. Alles schrie. Nur Barbara drängte noch heftiger nach vorne. John!