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Volodymyr liebt Detailpläne / L'admirant de plans de détails

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Version vom 21. November 2011, 21:11 Uhr von Julias (Diskussion | Beiträge)

Volodymyr ist Betriebsleiter der überregionalen Steuerzentrale der Ukrsalisnyzja; er lebt in Jagodin nah der polnischen Grenze. Seit Jahren arbeitet er im Stellwerk der Lwiwska Salinyzja es ist eine gute, einfache, ja äusserst langweilige Arbeit. Genau richtig für einen wie ihn! Anfang der Woche bezieht Volodymyr jeweils den regulären Steuerungsplan mit den eingesetzten Sonderzügen, den vorgesehenen Umleitungen wegen Baustellen, der ganze Kram. Volodymyr liebt die Detailpläne, sie sind die dargestellte Übersicht, und manchmal denkt er, es wäre gut, für alles im Leben solch detaillierte Pläne zu haben wie für den reibungslosen Betrieb der grossen ukrainischen Eisenbahn; die ganze Welt auf dem Monitor, und überall blinken und leuchten die Lämpchen. Und wenn etwas nicht zufriedenstellend funktioniert, dann lässt sich das Problem leicht beheben, die Ursache ist jedem auf den ersten Blick ersichtlich, und schnell ist jemand zur Stelle und bringt alles in Ordnung - und schon surrt wieder alles nach Wunsch.

Donnerstags liegt in der obersten Schublade seines vollgestopften kleinen Pults jeweils das Mäppchen mit den Spezialanweisungen, so nennt er die. Die Rhythmen gleichen sich, die Angaben mit den zeitlichen Verzögerungen sind meist gut in die Pufferzonen einzubringen; jedenfalls dann, wenn sonst alles läuft, wie es soll. Die Grenzwachkontrollen werden zum Glück vorangemeldet, an solchen Tagen sind selbstverständlich keine Störungen im Grenzraum vorgesehen. Die vorprogrammierten Störungen? Es interessiert ihn nicht, was während diesen Störungen, die er nicht an die Zentralstelle der Ukrslisnyzja weiter zu leiten hat, die in keinem Rapport zu lesen sein werden -- es interessiert ihn nicht sehr, was in diesen Minuten wohl geschieht; diese Viertelstunden haben nie stattgefunden, nicht auf Papier, nicht in seinem Beamtenkopf. Er ist nur daran interessiert, dass der Zug genug Fahrt gewinnt auf den langen Strecken dazwischen; was ihn kümmert, das sind die Verspätungen, sie sollen allzu gross nicht sein, zwei Stunden nicht überschreiten, aber sonst?

Sein Gewissen ist rein! Er weiss von nichts, er weiss nur: wenn er die vorausgesagten Störungen aus dem elektronischen Logbuch löscht, wird sich bei ihm dafür die Putzfrau melden und noch dazu anders als ohnehin, sie wird die frisch gewaschene Uniform bereitlegen und in der Brusttasche wird sein hübsch gepolstertes Couvert liegen.

Yulia freut sich ganz überschwänglich über den Zusatzverdienst, über die kleinen Geschenke, die er ihr manchmal machen kann; ein neuer Kochtopf letzthin, was auch immer. Volodymyr selber freut vor allem, dass es mehr ist, als der Schwager nach Hause bringt; das ist die Hauptsache.