Simultan
Mein Name ist Dima - Je m'appelle Dima
Aus Simultan
Mein Name ist Dima. Eigentlich Dimitri, aber alle nennen mich Dima. Mein Vater ist Lokführer. Er hatte Glück, er darf die internationalen Züge fahren. Seine Freunde von früher fahren Bummelzüge. Deren Wagons stinken und sind voller Ungeziefer. Sie fahren von Kiew irgendwo in die Provinz, wo es kaum noch Menschen gibt – und holen die wenigen ab, die versuchen, ihre Gemüse auf dem Markt zu verkaufen. Ihre Holzschnitzereien auf der Touristenmeile. Eigentlich weiß niemand, wovon wir leben würden, wenn wir unsere Familien nicht hätten.
Vaters Lokführerfreunde fahren in der Provinz auf nicht elektrifizierten Strecken. Schneckenlahm. Sie verdienen einen Dreck. Und das, was sie bekommen, versaufen sie. Mutter sagt oft, dass wir großes Glück gehabt haben. Dass Vater damals die richtigen Leute kennen gelernt hat. Er hat in einem Café einen Jungen bei einer Schlägerei verteidigt. Nur, um meiner Mutter zu imponieren. Mein Vater ist einer, der sich aufplustert. Aber der Junge, dem er den Arsch gerettet hat, war der Sohn des Direktors von Ukrsalisnyzja, der staatlichen Eisenbahn.
So bekam mein Vater einen Ausbildungsplatz zum Zugführer. Natürlich wurde er übernommen, er war ein loyaler Angestellter. Und er stand in der Schuld des Direktors. Mein Vater bekam eine Stelle als Lokführer der internationalen Linie nach Warschau. Mutter erzählt immer, wie stolz er war, als er davon erfuhr.
Seit zwanzig Jahren fährt Vater Kiew-Warschau. Manchmal fährt er nachts, manchmal tagsüber. Fünfzehn bis siebzehn Stunden. Manchmal länger, die Strecke ist nicht so gut, wie man glauben möchte. Nicht so gut wie in Europa.
Aber er fährt doch nach Europa! Einmal nahm er mich mit auf seine Fahrt.