Simultan

Stoppen im Nirgendwo - un arrêt imprévu

Aus Simultan

Version vom 14. Oktober 2011, 11:24 Uhr von Julias (Diskussion | Beiträge)

(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Vater bekommt manchmal Freikarten vom Direktor. Wir fuhren in der Nacht. Irgendwann hielt Vater an einem Provinzbahnhof. Ich war so stolz, dass wir mit unserem schnellen, modernen Zug fahren würden – und er hielt! Vater, warum?, fragte ich. Das ist so. Ich war 18, aber Vater behandelt mich seit jeher gleich. Wie ein Kind, das keine Fragen stellen sollte. Ich schwieg.

Wir passierten die Grenze. Die Beamten plauschten kurz mit Vater, dann gingen sie durch den Zug. Kurz darauf fuhren wir weiter. Ob es denn keine Zollkontrollen gebe, fragte ich Vater. Doch, doch, manchmal. Aber heute sei eben mein Glückstag.

Wir fuhren eine Weile. Langsam ging draußen die Sonne auf. Ich blickte aus dem Fenster. Das Morgenlicht warf lange Schatten auf Vaters Gesicht. Er sah müde aus. Die ständigen Wechsel, tags fahren, nachts fahren. Ich verlor mich in Gedanken. Plötzlich hielt der Zug. Fünf Minuten. Vater? Er raunzte mich an. "Das ist eben so!" "Du immer mit meinen dummen Fragen!"

Dann setzte sich unsere Fahrt fort. Ich verließ die Fahrerkabine und ging den Gang auf. Die Räume dufteten nach Rasierwasser. Trockenschampoo, Haarspray. Die meisten Leute sprachen Russisch. Und viele warfen Plastiktüten aus dem Fenster! Da waren wir in Polen, in Europa, verdammt, und sie warfen große schwarze Säcke aus dem langsam fahrenden Zug. Was zum Teufel? …