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Mein Name ist Dima - Je m'appelle Dima

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Version vom 30. September 2011, 19:46 Uhr von Wiebkez (Diskussion | Beiträge)

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Mein Name ist Dima. Eigentlich Dimitri, aber alle nennen mich Dima. Mein Vater ist Lockführer. Er hatte Glück, er darf die internationalen Züge fahren. Seine Freunde von früher fahren Bummelzüge. Deren Wagons stinken und sind voller Ungeziefer. Sie fahren von Kiew irgendwo in die Provinz, wo es kaum noch Menschen gibt – und holen die wenigen ab, die versuchen, ihre Gemüse auf dem Markt zu verkaufen. Ihre Holzschnitzereien auf der Touristenmeile. Eigentlich weiß niemand, wovon wir leben würden, wenn wir unsere Familien nicht hätten.

Vaters Lokführerfreunde fahren in der Provinz auf nicht elektrifizierten Strecken. Schneckenlahm. Sie verdienen einen Dreck. Und das, was sie bekommen, versaufen sie. Mutter sagt oft, dass wir großes Glück gehabt haben. Dass Vater damals die richtigen Leute kennen gelernt hat. Er hat in einem Café einen Jungen bei einer Schlägerei verteidigt. Nur, um meiner Mutter zu imponieren. Mein Vater ist einer, der sich aufplustert. Aber der Junge, dem er den Arsch gerettet hat, war der Sohn des Direktors von Ukrsalisnyzja, der staatlichen Eisenbahn.

So bekam mein Vater einen Ausbildungsplatz zum Zugführer. Natürlich wurde er übernommen, er war ein loyaler Angestellter. Und er stand in der Schuld des Direktors. Mein Vater bekam eine Stelle als Lokführer der internationalen Linie nach Warschau. Mutter erzählt immer, wie stolz er war, als er davon erfuhr.

Seit zwanzig Jahren fährt Vater Kiew-Warschau. Manchmal fährt er nachts, manchmal tagsüber. Fünfzehn bis siebzehn Stunden. Manchmal länger, die Strecke ist nicht so gut, wie man glauben möchte. Nicht so gut wie in Europa.
Aber er fährt doch nach Europa! Einmal nahm er mich mit auf seine Fahrt. Vater bekommt manchmal Freikarten vom Direktor. Wir fuhren in der Nacht. Irgendwann hielt Vater an einem Provinzbahnhof. Ich war so stolz, dass wir mit unserem schnellen, modernen Zug fahren würden – und er hielt! Vater, warum?, fragte ich. Das ist so. Ich war 18, aber Vater behandelt mich seit jeher gleich. Wie ein Kind, das keine Fragen stellen sollte. Ich schwieg.

Wir passierten die Grenze. Die Beamten plauschten kurz mit Vater, dann gingen sie durch den Zug. Kurz darauf gingen sie weiter. Ob es denn keine Zollkontrollen gebe, fragte ich Vater. Doch, doch, manchmal. Aber heute sei eben mein Glückstag.

Wir fuhren eine Weile. Langsam ging draußen die Sonne auf. Ich blickte aus dem Fenster. Das Morgenlicht warf lange Schatten auf Vaters Gesicht. Er sah müde aus. Die ständigen Wechsel, tags fahren, nachts fahren. Ich verlor mich in Gedanken. Plötzlich hielt der Zug. Fünf Minuten. Vater? Er raunze mich an. Das sei eben so, Bengel. Ich immer mit meinen dummen Fragen!

Dann setzte sich unsere Fahrt fort. Ich verließ die Fahrerkabine und ging den Gang auf. Die Räume dufteten nach Rasierwasser. Trockenschampoo, Haarspray. Die meisten Leute sprachen Russisch. Und viele warfen Plastiktüten aus dem Fenster! Da waren wir in Polen, in Europa, verdammt, und sie warfen große schwarze Säcke aus dem langsam fahrenden Zug. Was zum Teufel? …