Simultan
Barbaras Morgen, 12.10.07
Aus Simultan
Barbara muss heute arbeiten. Sie arbeitet in der Stadtbibliothek. Immer morgens, manchmal, wenn die Schichten getauscht werden, auch nachmittags. Bei der Arbeit geht sie zuerst zum Kaffeeautomaten. Der Automat steht im Leseraum, in dem viele Stühle und mehrere Sessel stehen, kleine Tischchen und viele Zeitschriften, ausgebreitet auf den Regalen an der Wand. Die Zeitschriften scheint nie jemand anzurühren, oder dieser jemand legt sie immer wieder genau so ins Regal zurück, wie sie vorher dort lagen. Dieser Raum, in dem sowieso meist niemand ist, mag Barbara gerne. Sie mag es, wie es in diesem Raum nach Papier riecht. Barbara weiss, dass dieser Geruch bestimmt nicht vom Papier stammt, da es ja dann in der ganzen Bibliothek so riechen müsste. Die Wände sind es wahrscheinlich, die so riechen, aber die Vorstellung mit dem Papier scheint Barbara romantischer. Sie sitzt also in diesem Raum, gerade eben stand sie noch vor dem Kaffeeautomaten, bläst in ihren Kaffee und atmet dann tief ein. Auf diese Weise verharrt sie eine Stunde lang, nur manchmal nippt sie kurz an ihrem Kaffee. Nur ganz kurz, als sei es ein verbotenes Getränk, in das man nur blasen darf und als dürfte sie niemand beim Trinken sehen, weil der sonst schreiend zu ihrer Chefin laufen würde, die heute nicht da ist. Um zehn dann muss Barbara tatsächlich arbeiten, sie ist selbst immer wieder überrascht das festzustellen, denn nach Kevins Geburt arbeitete sie lange Zeit nicht mehr.