Simultan

Kleiner roter Punkt

Aus Simultan

Version vom 12. Dezember 2008, 10:04 Uhr von Almuth (Diskussion | Beiträge)

Dieser rote Punkt.
Ein Tropfen Blut. Eine Träne. Ein Blümchen. Ein Auge. Eine Wunde. Ein Geschwür. Eine Gewächs. Eine Frucht.
Er wollte sie abbeißen. Seine Zähne hineingraben und sie von ihrem Körper losbeißen. Sie in seinem Mund bewegen, mit der Zunge betasten, schmecken, von innen in die Wange graben, zwischen Zähne und Lippen rollen.
Er hörte nicht auf daran zu denken.
Sah er etwas Rotes, dachte er an diese Kugel, auf den Stoffen, auf den Werbeplakaten tanzte eine roter Punkt, auf der Colaflasche, der Kaffeetasse, dem Notausgangsschild. Hatte er sie kurz vergessen und sah sie dann wieder, so lachte sie ihm freundlich zu und er grüßte zurück mit einem Lächeln. Sie wurde ihm vertraut, er begann sie zu vermissen, wenn er einmal nicht an sie dachte. Und als er an der Kasse aushelfen musste, die wohl langweiligste Arbeit, ertappte er sich wie er auf dem Kassenzettel die rote Farbe vermisste und in Gedanken versuchte er einen roten Punkt dort unterzubringen. Später nahm er den Korrekturstift vom Schreibtisch und malte rote Punkte auf die Notizzettel, die am Bildschirm klebten und auf das Taschentuch, mit dem er Fingerabdrücke vom Schreibtisch der Chefin wischte. Auf Streichholzschachteln im Restaurant wo er zu Mittag aß, auf die Glückwunschkarte für seinen Freund in Mailand, auf die Titelseite der Tageszeitung malte er kleine kreisrunde Punkte.