Simultan

Irina verschläft wegen Topfenstrudel

Aus Simultan

Version vom 3. Oktober 2008, 09:26 Uhr von Nicolek (Diskussion | Beiträge)

Irinas Kater versucht es jetzt auf die harte Tour. Seit zwei Stunden stupst er Irinas Gesicht, leckt über ihre Oberarme, die aus der Decke herausschauen, das Handy hat er genervt vom Tisch geschubst, nachdem der Alarm zum sechsten mal losgegangen war. Er hatte sie dabei provokant angesehen, und das Handy ganz langsam immer ein Stückchen weiter Richtung Abgrund bewegt, in der Hoffnung, Irina eine Reaktion abzutrotzen. Sein Magen knurrte bereits, weshalb er nun keine Verzögerungen mehr dulden konnte. Er wusste genau, wie er Irina zur Weißglut treiben konnte ... "Aua ah, Mistvieh!" Ein reflexartiger Tritt befördert Marlon in Richtung Schlafzimmertür. "Ich steh ja schon auf, ich verstehe nicht, warum ich nicht einmal länger schlafen darf. Ich lag schliesslich die halbe Nacht wach, als ob du das nicht mitgekriegt hättest." Irina steht widerwillig auf, sie kann sich heute wirklich kaum aufraffen, zu nichts. Sie knallt Marlon seinen gefüllten Napf hin,  das Katzenfutter hat sie nicht wie sonst mit der Gabel in kleine Stücke zerteilt. Es ist bereits 9.30, um 10.30 hat sie ein Meeting. Nach einer schnellen Dusche, die sie nicht genossen hat, macht sie den Computer an. Sie checkt, nur mit einem Handtuch auf dem Kopf, ihre Mails. Neun neue Nachrichten, sie beantwortet keine. Heute ist sie in der Stimmung für ABBA. Sie klickt sich durch die Liste und wählt den Titel: "One of us". Sie geht zum Kleiderschrank, heute hat sie gar keine Lust, sich ein Oufit zusammenzustellen. Jeans und Pulli, dass muss reichen. Beim Herauslegen der Kleidungsstücke summt sie kaum hörbar den Text mit: "One of us is crying, one of is lonely... Sorry for herself, feeling stupid feeling sad." Sie lässt sich von der Stimmung so mitreißen, dass sie kaum einige Tränen unterdrücken kann. Plötzlich fängt sie an zu lachen. "Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, wegen Topfenstrudel!" platzt es aus ihr heraus. Sie bricht in schallendes Gelächter aus. Dieser Satz aus ihrem Lieblingsmärchen "Der Königssohn mit den vielen Namen" hatte sie schon als Kind jedesmal zum Lachen gebracht, wenn ihre Mutter es ihr vorlas, während Irina krank und mit Fieber im Bett lag. Jetzt reicht es aber, Irina, denkt sie, du bist schließlich keine fünfzehn mehr. Sie beschließt, nach dem Meeting heute endlich den bitterbösen Brief an Esther Schneiter zu schreiben, dass würde sie sicher wieder in den Geschäftsfrauenmodus zurückholen.