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Warum Züge sich vespäten

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Version vom 10. Dezember 2010, 09:58 Uhr von Urs (Diskussion | Beiträge)

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Das war der Tag seines Geburtstages, wenn auch nicht des physischen, so doch des geistigen, denn es jährte sich zum dritten Mal das Ereignis der Lampe,
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auf die Le Fou de la Place protestierend gestiegen war, von der ihn die Feuerwehr in Helm und Schutzanzug mit Kran und Hebelarm herunter geholt hatte, um ihn danach der Polizei zu übergeben, die ihn dann mehrere Stunden nach möglichen verschwöererischen und teroristischen Verbindungen verhörte, um nichts weiter festzuhalten, was die Beamten selbst in das Verhör hinein interpretierten.
Seit diesem Tag war er ein Verbrecher. Ein Lampenverbrecher, der die Gesellschaft mit abwegigen Gedanken vergiftete. Darauf war er selbst so stolz wie es sein Mutter es gewesen war, als er, sechsjährig, das erste richtige Fussballtournier-Tor geschossen hatte und von den Klassenkameraden auf Händen über den Rasen getragen wurde. Seine Lebensgeschichte schien von solchen Höhenflügen markiert zu sein, denn ein drittes Ereignis stand ihm, was er natürlich weder wusste noch ahnte, unmittelbar bevor. Darüber las er zwei Tage später in der Zeitung, drei Linien nur, aber es reichte, um ihm das Ereignis nur all zu realisistisch wieder in Erinnerung zu rufen : « Ein offensichtlich verwirrter Mann wird von der automatischen Tür des Intercity St.Gallen-Genf eingeklemmt und fährt, aufgehängt an seinen Kleidern, an der Aussenseite des Wagens von Zürich nach Bern. » Dass es Anfang Dezember war und gerade geschneit hatte, dass die Temperatur unter null grad gesunken war und dass er sich Hände und Füsse abfrohr, dass seine Nase beinah zerbrach wie Glas, dass der Mantel und das Hemd ihn unter die Arme einschnitten und ihn aufspiessten wie geschlachtetes Ferkel, davon stand in der Zeitung nichts, aber er wusste es, als einziger, denn er hatte es erlebt. Wie war es dazu gekommen ? Darüber lässt sich nur spekulieren. Eine Frau mittleren Alters, hochfrisierte Haare, Hermelinpelzmantel, Duftschwaden gehobener Preisklasse, war vor ihm eingestiegen und stolperte über ihre eigenen Koffer. Als unser Held sich gerade am Handgriff der Tür festgehalten hatte, erhielt er, so seine Aussage, die von der Polizei widerrufen worden ist, einen Fusstritt mit spitzem Absatz in die Brust, so dass er, sich unerbittlich festhaltend, rückwärtsgeschleudert wurde, und zwar in dem Augeblick, als ein scharfer Pfiff die Abfahrt des Zuges signalisierte und die automatische Türen zuschlugen, in der Weise, dass unser Held sich zwischen der Tür und seinem Arm entscheiden musste, er auf ganz natürlich Weise sich für seinen Arm entschied und diesen herausriss, ohne zu bemerken, dass sine Kleider drinnen geblieben waren und ihn nun an der Aussenwand aufhängten. So fuhr der Zug los und kam erst in Bern wieder zur Ruhe.

Seither pfeift Le Fou de la place ununterbrochen vor sich hin und stellt sich auf Bahngleise, verursacht Verspätungen und Umleitungen, verhindert Anschlusszüge und legt hin und wieder das gesamte Verkehrsnetz lahm.