Simultan
Daisy
Aus Simultan
Daisy
Sie steht vor dem Zebrastreifen. Ein Auto fährt vorbei. Sie schimpft. Laut. Kein Wort zu verstehen. Wind öffnet ihren Mantel. Unter ihrem Sweatshirt, unter dem Bild von Daisy, der Comicfigur, fließen tiefhängende Brüste von links nach rechts und gegeneinander.
Ein Auto hält. Sie schaut es an. Hebt die Hand. Ihre Fingernägel gelb, der Länge nach braungelb gestreift, kantig abgebrochen, an den Brüchen eingerissen, einer fehlt, der Daumen endet in schwarzrotem Schorf.
Die Laute aus ihren weißverkrusteten Lippen schneller, schriller. Hinter der Frontscheibe zeigt der Fahrer auf den Zebrastreifen, winkt von rechts nach links. Weitere Autos halten. Ein Junge, die rote Schulmappe auf dem Rücken, betritt den Zebrastreifen von der anderen Seite. Sie macht einen Schritt auf ihn zu. Bleibt stehen. Hinten aus dem Turnschuh ragt die Ferse, nackt, grau, gelb. Der Junge schaut sie kurz an, macht einen Bogen.
Sie schleudert Haarsträhnen, nass glänzend von Fett, aus dem Gesicht, große Augen starren den Jungen an, schwer umrahmt von Tränensäcken, tiefen Falten, schwarz gefüllt mit Schmutz, abgestorbenen Hautfetzen. Der Junge kommt näher, die Lippen schmal aufeinander gepresst, es stinkt nach Käse, nach Schweiß, fettigen Haaren, nach seinem Finger, wenn er ihn im Ohr bohrte, wie der Haufen Dreckwäsche, in dem er seine Jeans suchte um aus der Tasche sein Messer zu holen, wie das braun getrocknete Blut auf der Unterhose seiner Mutter, die er dort fand.
Die Frau stößt die Hände in den Mantel. Er duckt sich, geht schneller. Sie bewegt den Mund stumm.
Plötzlich reißt sie die Hände zu Fäusten geballt aus den Taschen, schleudert sie öffnend hinter ihm her, er rennt. Aber nichts fliegt durch die Luft, fällt auf ihn nieder.
Sie alleine auf der Straße. Ein Auto hupt. Ein Mann steigt aus. Sie starrt ihn an. Geht geradeaus über den Zebrastreifen.
Die Ente und die Würmer