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Die Ente und die Würmer: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Diese Wohnung stinkt. Nach Ratten. Rattendreck. Stinkt so Rattendreck? Kleine schwarze Knödel in jeder Ecke dieses Zimmers, unter dem Bett, hinter den Vorhängen. Oder ist etwas durchs Fenster gelaufen zwischen Scheibe und Fensterrahmen, eine gelbe graue zähe Flüssigkeit erstarrt zu harten, runden Tropfen auf dem alten Holz laufen sie wie kleine Tiere überall, wo ich gerade nicht hinschaue, aber aus den Augenwinkeln kann ich sie sehen wie kleine Blitze, wie Lichtfunken. Nur wenn ich hinschaue, sind sie weg. Ich könnte Licht machen und sie suchen aber ich sitze auf dem Bett, will sie erhaschen mit den Augen, vielleicht sind es auch Motten, vielleicht auch fliegende Käfer. Ungeziefer, Insekten die sich vom Dreck ernähren, der klebrigen Haut auf den Oberflächen, glänzend, stinkend, süßlich mit grauem Pelz vom Staub, ich hätte vielleicht vor Jahren einmal anfangen sollen zu putzen, jetzt aber verfolge ich diese Tiere, drehe rhythmisch meinen Kopf, denn dort sind sie, nein dort. Ich höre es rascheln, rascheln und wieder, eigentlich ein Rauschen aber es sind viele kleine Tiere, die diese Geräusche machen, sie fressen, fressen mein Bett an, meinen Teppich, weil ich Krümmel fallen ließ, ich ziehe die Decke über meine Knie, meine Beine, verstecke meine Knöchel, meine Füße bis zu den Zehenspitzen, sie könnten meine Zehen anknabbern, das würde weh tun. Ich zitter. Stecke die Füße tiefer in die Decke, rolle mich zusammen zu einem Knäuel, lege mich aufs Bett unter die Decke. <br>Aber was ist, wenn die Tiere im Stoff sind, kleine Löcher hinein gefressen haben, Gänge hinein gegraben haben, in meiner Decke eine Stadt von Insekten, Maden, Würmern. Ich halte die Decke zwischen den Fingerspitzen, sie liegt auf mir, ich fühle ihre Bewegung, das Leben eines ganzen Schwarms von Insekten und auch die Matratze besteht aus Würmern, sie wohnen dort, ihre kleinen glatten feuchten Körper winden sich unter mir, ihre großen gefräßigen Mäuler reißen sie auf, graben sie in meine weiche Matratze, weiß sind sie, schleimig, verdauen mein Bett in tausend Mägen und ihre Eier liegen in dicken Trauben zu Millionen, sie werden mehr, schlüpfen aus in jeder Sekunde die ich auf ihnen liege. Und sie fressen sich durch zu mir. Der Stoff, den ich spüre, ist schon halb verdaut zu neuen Würmern. Ihre Mäuler nagen bereits an meinem Mantel, ihre Zungen lecken an meinen Strümpfen. Von oben die Decke von unten die Matratze, ich springe auf, schmeiße die Decke von mir, sie fällt auf den Boden, ich trete darauf, trampel darauf, ich will sie zermalmen die Tiere, die Eier, die kleinen sich windenden Leiber, sie müssen sterben, zu braunem nassen Brei werden, reibe sie in den Teppich, aber nun kriechen die Maden, die in dem Teppich wohnen, aus den grauen Wollknäul, aus den dunklen Huckeln werden sie gepresst mit jedem Tritt, quellen unter meinem Fuß hervor ich schreie, renne [[Silvia trifft Daisy|hinaus]].<br><br> | + | Ich habe es an ihr vorbei geschafft. Die Tür hinter mir zugeschlagen. |
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+ | Diese Wohnung stinkt. Nach Ratten. Rattendreck. Stinkt so Rattendreck? Kleine schwarze Knödel in jeder Ecke dieses Zimmers, unter dem Bett, hinter den Vorhängen. Oder ist etwas durchs Fenster gelaufen zwischen Scheibe und Fensterrahmen, eine gelbe graue zähe Flüssigkeit erstarrt zu harten, runden Tropfen auf dem alten Holz laufen sie wie kleine Tiere überall, wo ich gerade nicht hinschaue, aber aus den Augenwinkeln kann ich sie sehen wie kleine Blitze, wie Lichtfunken. Nur wenn ich hinschaue, sind sie weg. Ich könnte Licht machen und sie suchen aber ich sitze auf dem Bett, will sie erhaschen mit den Augen, vielleicht sind es auch Motten, vielleicht auch fliegende Käfer. Ungeziefer, Insekten die sich vom Dreck ernähren, der klebrigen Haut auf den Oberflächen, glänzend, stinkend, süßlich mit grauem Pelz vom Staub, ich hätte vielleicht vor Jahren einmal anfangen sollen zu putzen, jetzt aber verfolge ich diese Tiere, drehe rhythmisch meinen Kopf, denn dort sind sie, nein dort. Ich höre es rascheln, rascheln und wieder, eigentlich ein Rauschen aber es sind viele kleine Tiere, die diese Geräusche machen, sie fressen, fressen mein Bett an, meinen Teppich, weil ich Krümmel fallen ließ, ich ziehe die Decke über meine Knie, meine Beine, verstecke meine Knöchel, meine Füße bis zu den Zehenspitzen, sie könnten meine Zehen anknabbern, das würde weh tun. Ich zitter. Stecke die Füße tiefer in die Decke, rolle mich zusammen zu einem Knäuel, lege mich aufs Bett unter die Decke. <br>Aber was ist, wenn die Tiere im Stoff sind, kleine Löcher hinein gefressen haben, Gänge hinein gegraben haben, in meiner Decke eine Stadt von Insekten, Maden, Würmern. Ich halte die Decke zwischen den Fingerspitzen, sie liegt auf mir, ich fühle ihre Bewegung, das Leben eines ganzen Schwarms von Insekten und auch die Matratze besteht aus Würmern, sie wohnen dort, ihre kleinen glatten feuchten Körper winden sich unter mir, ihre großen gefräßigen Mäuler reißen sie auf, graben sie in meine weiche Matratze, weiß sind sie, schleimig, verdauen mein Bett in tausend Mägen und ihre Eier liegen in dicken Trauben zu Millionen, sie werden mehr, schlüpfen aus in jeder Sekunde die ich auf ihnen liege. Und sie fressen sich durch zu mir. Der Stoff, den ich spüre, ist schon halb verdaut zu neuen Würmern. Ihre Mäuler nagen bereits an meinem Mantel, ihre Zungen lecken an meinen Strümpfen. Von oben die Decke von unten die Matratze, ich springe auf, schmeiße die Decke von mir, sie fällt auf den Boden, ich trete darauf, trampel darauf, ich will sie zermalmen die Tiere, die Eier, die kleinen sich windenden Leiber, sie müssen sterben, zu braunem nassen Brei werden, reibe sie in den Teppich, aber nun kriechen die Maden, die in dem Teppich wohnen, aus den grauen Wollknäul, aus den dunklen Huckeln werden sie gepresst mit jedem Tritt, quellen unter meinem Fuß hervor ich schreie, renne [[Silvia trifft Daisy|hinaus]].<br><br> | ||
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Aktuelle Version vom 12. Dezember 2008, 09:49 Uhr
Ich habe es an ihr vorbei geschafft. Die Tür hinter mir zugeschlagen.
Diese Wohnung stinkt. Nach Ratten. Rattendreck. Stinkt so Rattendreck? Kleine schwarze Knödel in jeder Ecke dieses Zimmers, unter dem Bett, hinter den Vorhängen. Oder ist etwas durchs Fenster gelaufen zwischen Scheibe und Fensterrahmen, eine gelbe graue zähe Flüssigkeit erstarrt zu harten, runden Tropfen auf dem alten Holz laufen sie wie kleine Tiere überall, wo ich gerade nicht hinschaue, aber aus den Augenwinkeln kann ich sie sehen wie kleine Blitze, wie Lichtfunken. Nur wenn ich hinschaue, sind sie weg. Ich könnte Licht machen und sie suchen aber ich sitze auf dem Bett, will sie erhaschen mit den Augen, vielleicht sind es auch Motten, vielleicht auch fliegende Käfer. Ungeziefer, Insekten die sich vom Dreck ernähren, der klebrigen Haut auf den Oberflächen, glänzend, stinkend, süßlich mit grauem Pelz vom Staub, ich hätte vielleicht vor Jahren einmal anfangen sollen zu putzen, jetzt aber verfolge ich diese Tiere, drehe rhythmisch meinen Kopf, denn dort sind sie, nein dort. Ich höre es rascheln, rascheln und wieder, eigentlich ein Rauschen aber es sind viele kleine Tiere, die diese Geräusche machen, sie fressen, fressen mein Bett an, meinen Teppich, weil ich Krümmel fallen ließ, ich ziehe die Decke über meine Knie, meine Beine, verstecke meine Knöchel, meine Füße bis zu den Zehenspitzen, sie könnten meine Zehen anknabbern, das würde weh tun. Ich zitter. Stecke die Füße tiefer in die Decke, rolle mich zusammen zu einem Knäuel, lege mich aufs Bett unter die Decke.
Aber was ist, wenn die Tiere im Stoff sind, kleine Löcher hinein gefressen haben, Gänge hinein gegraben haben, in meiner Decke eine Stadt von Insekten, Maden, Würmern. Ich halte die Decke zwischen den Fingerspitzen, sie liegt auf mir, ich fühle ihre Bewegung, das Leben eines ganzen Schwarms von Insekten und auch die Matratze besteht aus Würmern, sie wohnen dort, ihre kleinen glatten feuchten Körper winden sich unter mir, ihre großen gefräßigen Mäuler reißen sie auf, graben sie in meine weiche Matratze, weiß sind sie, schleimig, verdauen mein Bett in tausend Mägen und ihre Eier liegen in dicken Trauben zu Millionen, sie werden mehr, schlüpfen aus in jeder Sekunde die ich auf ihnen liege. Und sie fressen sich durch zu mir. Der Stoff, den ich spüre, ist schon halb verdaut zu neuen Würmern. Ihre Mäuler nagen bereits an meinem Mantel, ihre Zungen lecken an meinen Strümpfen. Von oben die Decke von unten die Matratze, ich springe auf, schmeiße die Decke von mir, sie fällt auf den Boden, ich trete darauf, trampel darauf, ich will sie zermalmen die Tiere, die Eier, die kleinen sich windenden Leiber, sie müssen sterben, zu braunem nassen Brei werden, reibe sie in den Teppich, aber nun kriechen die Maden, die in dem Teppich wohnen, aus den grauen Wollknäul, aus den dunklen Huckeln werden sie gepresst mit jedem Tritt, quellen unter meinem Fuß hervor ich schreie, renne hinaus.