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Aktuelle Version vom 13. Januar 2011, 15:44 Uhr
Nach der Sitzung bei Herrn Schmitt und der Begegnung dem unbekannten Mistkerl im Wartezimmer ist Maus ziemlich in sich selbst versunken. Sie sitzt im Bus, in der Nähe der Tür, starrt aus dem Fenster und lässt die verregnete graue Stadt an sich vorbeiziehen. Obwohl Maus ihre grossen Kopfhörer aufhat, vernimmt sie das Geschrei eines Kindes und das Geschimpfe einer Mutter hinter sich.
Ruckartig hält der Bus an der nächsten Station. Die Tür öffnet sich, nur eine einzelne Person steigt zu. Place Guisan. Die Frau ist mittleren Alters und sehr dick. Ihre Kleidung – Umhang und weiter Rock – sehen aus wie aus bunten Topflappen zusammengenäht. Auf ihrem Kopf sitzt eine nicht weniger befremdende Stoffmütze. Das Gesicht der Frau ist stark geschminkt, der Mund ist dunkelrot und gross, die Augen schwarz umrandet. Die Unbekannte steigt gemächlich in den Bus, irgendwas vor sich hinnuschelnd, dann sie sieht sich um, schreitet weiter voran und setzt sich auf den freien Platz neben Maus. Eine Verrückte – muss das denn nun auch noch sein, denkt die und quetscht sich noch ein Stück näher in Richtung Fenster. Maus mag es grundsätzlich nicht, wenn ihr Menschen zu nahe kommen. Die Türen schnappen zu, der Bus setzt sich wieder in Bewegung, im Hintergrund schreien noch immer das Kind und die Mutter. Was ist denn heute nur los, was für ein elender Scheisstag! Maus lässt sich tiefer in den Sitz sinken.
«Hey, Sie», wendet sich die Topflappenfrau nun auf einmal flüsternd an sie.
«Wie bitte?» Maus nimmt die Kopfhörer ab.
«Hören Sie junge Dame, diese Frau da hinter uns und dieses Kind ... da stimmt was nicht. Das ist gar nicht das Kind dieser Frau, das hat die nur entführt.» Maus schweigt und staunt. Über solche Dinge würde sie nachher wieder nachdenken und schreiben müssen, das ist ihr jetzt schon klar. Und wahrscheinlich würde sie auch heute wieder nicht gut einschlafen können, so viel wie ihr zurzeit durch den Kopf geht.