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Volodymyr liebt Detailpläne / L'admirant de plans de détails: Unterschied zwischen den Versionen

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Freitag 21. Oktober - Jagodin
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| bgcolor="#669900" | Lwiwska Salinyzja
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Volodymyr brummte zufrieden. Schön bei Sonne aufzustehen. Nur sie lockte ihn unter den 3 Wolldecken hervor. Und ein bisschen der Duft des frisch zubereiteten [http://www.russlandjournal.de/rezepte/getraenke/kwas/ Kwas]. Seine Frau war ein Goldschatz. Sie wusste, das würde ihm den schweren Kopf tilgen.<br>"Morgen Yulia...frischer Kwas. Bist ein Schatz." <br>"Nicht so viel Wodka trinken sollst du, Volo!"<br>Volodymyr liebte Kwas frisch gebraut, noch ungegährt. Das ersetzt jedes Früstück! <br>Und Volodymyr liebte Spätdienst - nicht wegen der Arbeit in der Nacht, sondern, weil er dann den ganzen Tag in seinem Haus, in seinem Dorf verbingen konnte; gemütlich, an seinem Holzkohlenofen oder an demjenigen von Kollegen sitzen.<br>Er spritzte sich eine Hand voll eiskaltes Wasser ins Gesicht, wusch sich mit einem Lappen unter den Achseln und setzte sich vor den Kohleofen. Die Kehle war rau - der viele Rauch, der Feierabendwodka: "Ja, ja Yulia. Schön haben wir es hier. Nicht?"<br>"Volo. Rasier dich erst mal. Und wir brauchen Steinkohle. Die holst du mir heute noch!"<br>Volodymyr schaltete das [http://eradio.net.ua/ Radio] ein und las die Message auf seinem Handy. So, so - heute gibts ''grosses Reiseaufkommen''. Alles klar. Volodymyr suchte mit seinen grossen Finger die zwei richtigen Taste und antwortete mit dem verlangten OK."<br>  
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"Ja, ja Yulia. Ich geh ja schon." Volvodymyr stieg in seinen wiessen Lada und fuhr zu Bodhan.<br>"Tee oder Wodka?" Die beiden Männer setzten sich vor Bodhans Kohleofen. Bodhan war der Kohlehändler der Umgebung und ein guter Freund. Über Bodhan wurde gerne gespottet, er sei der einzige Neger im Dorf. Er war fast so schwarz, wie die Kohle, die er verkaufte. <br>
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Volodymyr ist Betriebsleiter der überregionalen Steuerzentrale der Ukrsalisnyzja; er lebt in Jagodin nah der polnischen Grenze. Seit Jahren arbeitet er im Stellwerk der Lwiwska Salinyzja es ist eine gute, einfache, ja äusserst langweilige Arbeit. Genau richtig für einen wie ihn! Anfang der Woche bezieht Volodymyr jeweils den regulären Steuerungsplan mit den eingesetzten Sonderzügen, den vorgesehenen Umleitungen wegen Baustellen, der ganze Kram. Volodymyr liebt die Detailpläne, sie sind die dargestellte Übersicht, und manchmal denkt er, es wäre gut, für alles im Leben solch detaillierte Pläne zu haben wie für den reibungslosen Betrieb der grossen ukrainischen Eisenbahn; die ganze Welt auf dem Monitor, und überall blinken und leuchten die Lämpchen. Und wenn etwas nicht zufriedenstellend funktioniert, dann lässt sich das Problem leicht beheben, die Ursache ist jedem auf den ersten Blick ersichtlich, und schnell ist jemand zur Stelle und bringt alles in Ordnung - und schon surrt wieder alles nach Wunsch.  
  
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Donnerstags liegt in der obersten Schublade seines vollgestopften kleinen Pults jeweils [[Die Spezialanweisungen - les instructions|das Mäppchen mit den Spezialanweisungen]], so nennt er die. Die Rhythmen gleichen sich, die Angaben mit den zeitlichen Verzögerungen sind meist gut in die Pufferzonen einzubringen; jedenfalls dann, wenn sonst alles läuft, wie es soll. Die Grenzwachkontrollen werden zum Glück vorangemeldet, an solchen Tagen sind selbstverständlich keine Störungen im Grenzraum vorgesehen. Die vorprogrammierten Störungen? Es interessiert ihn nicht, was während diesen Störungen, die er nicht an die Zentralstelle der Ukrslisnyzja weiter zu leiten hat, die in keinem Rapport zu lesen sein werden -- [[Volodymyr liebt Spätdienst / L'admirant de l'équipe du soir|es interessiert ihn nicht sehr, was in diesen Minuten wohl geschieht; diese Viertelstunden haben nie stattgefunden, nicht auf Papier, nicht in seinem Beamtenkopf.]] Er ist nur daran interessiert, dass der Zug genug Fahrt gewinnt auf den langen Strecken dazwischen; was ihn kümmert, das sind die Verspätungen, sie sollen allzu gross nicht sein, zwei Stunden nicht überschreiten, aber sonst?
  
Betriebsleitzentrale, Jagodin:<br>Es ist Nacht, auf dem ukrainischen Eisenbahnenetz geht nicht viel. Der Betriebsleiter Volodymyr Bartosh hat drei Züge auf seinem Schirm. <br>  
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Sein Gewissen ist rein! Er weiss von nichts, er weiss nur: wenn er die vorausgesagten Störungen aus dem elektronischen Logbuch löscht, wird sich bei ihm dafür die Putzfrau melden und noch dazu anders als ohnehin, sie wird die frisch gewaschene Uniform bereitlegen und in der Brusttasche wird sein hübsch gepolstertes Couvert liegen.
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Yulia freut sich ganz überschwänglich über den Zusatzverdienst, über die kleinen Geschenke, die er ihr manchmal machen kann; ein neuer Kochtopf letzthin, was auch immer. Volodymyr selber freut vor allem, dass es mehr ist, als der Schwager nach Hause bringt; das ist die Hauptsache.  
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Volodymyr gère une des stations centrales Ukrsalisnyzja. Il vit à Jagodin près de la frontière polonaise. Depuis des années, il travaille au poste d’aiguillage de Lwiwska Salinyzya. C’est un bon boulot, simple, mais parfois ennuyeux. Mais cela lui convient bien&nbsp;!
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Au début de la semaine, Volodymyr met en place le planning de pilotage des différents trains, il s’occupe des déviations, parfois des chantiers, il met de l’ordre dès qu’il y en a un peu trop de bazar. Volodymyr aime le détail des plans, la vue d’ensemble qu’ils proposent et parfois il pense que ce serait bien si l’on avait de tels plans pour nos propres vies. Avoir le monde entier sur un moniteur, observer, allumer, éteindre toutes ses petites lumières scintillantes. Quand quelque chose ne va pas c’est à lui qu’on fait appel pour régler les problèmes, en un clin d’œil sur le moniteur il en trouve les raisons et envoie quelqu’un sur place avec des consignes bien précises. Tout se passe toujours selon son souhait, tout se résout grâce à lui.
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Chaque jeudi, il prend la [[Die Spezialanweisungen - les instructions|carte d’assignation spatiale ]](comme il aime tant la nommer) dans le haut-tirroir de son bureau. Le rythme est toujours le même, les devoirs et les actions sont rapportés chronologiquement et sans grands retards. Tout se passe bien le jeudi, et les autres jours aussi. Même pour les contrôles aux frontières il n’y pas trop de problèmes, heureusement. Mais quand est-il de ces petits dérangements programmés&nbsp;? Volodymyr ne s’en soucie pas, ils ne dérangent absolument pas le bon déroulement du voyage pour les passagers. Tant que le retard ne dépasse pas les deux heures, Volodymyr ne s’en inquiète pas. Cela ne prend aucune place. Ni dans ses rapports, ni dans sa tête de fonctionnaire.
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Sa conscience est on ne peut plus tranquille&nbsp;! [[Volodymyr liebt Spätdienst / L'admirant de l'équipe du soir|il n’est au courant de rien d’autre, à l’exception de la femme de ménage qui passe - au moment où il efface les «&nbsp;petits dérangements&nbsp;» du journal de bord électronique ]]– pour déposer près de lui son uniforme propre ainsi que son beret, dans la poche intérieur du manteau. Yulia se réjouit de manière exubérante des revenus supplémentaires de son mari, des cadeaux à la fin du mois qu’il lui fait souvent. Même si la plupart du temps, il s’agit d’une casserole. Mais ce que Volodymyr préfère, c’est montré à son beau-frère – lors de ses visites - que chez lui on ne manque de rien.  
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01:00 Uhr:<br>Einer der grünen Punkte bleibt stehen. Volodymyr wartet ab. es könnte ein technisches Problem sein. Kein Funkruf ging ein. Der Punkt bewegt sich weiterhin nicht. Nach 5 Minuten Warten zieht er die Mütze aus. Pause. Einen Tee machen. Der Samowar ist noch halb voll. Er füllt sich seine grosse Tasse – es dampft, seine eckige Horn-Brille beschlägt. Er setzt sich auf den schwarzen Ledersessel; unnötig zu erwähnen, dass er aus Kunstleder ist. Sein runder Bauch stösst an die Pultkante. Er spührt es kaum. Er lehnt zurück – dem Klischee nach, würde er sich jetzt durch den Schnauz streichen. <br>Er streicht sich durch den Schnauz, einige Teetropfen haben sich darin verfangen. Der Tee dampft. Er rührt mit dem Löffelchen den Zucker unter. Die Teekrümel werden aufgewirbelt. Zuerst sind die Zuckerkörner noch erkennbar, dann haben sie sich aufgelöst. Er nimmt einen Schluck, verbrennt sich leicht die Zunge. Der Dampf beschlägt seine grosse Brille. Er schaut auf die Uhr und setzt seine Bähnlermütze exakt 13 Minuten später wieder auf. Zurück im Dienst! Er dreht seinen Sessel Richtung Schaltpult, steht auf. Zwei, drei träge Schritte in der dunklen Nacht, durch die warmgelb erleuchtete Leitzentrale. Einen schüchternen Blick auf den Schirm. Der grüne Punkt steht noch still. Schon möchte er sich wieder abwenden. Ein Blick auf die Uhr bestätigt, die 01:18 Uhr ist längst vorbei. Er schaut zum schwarzen Telefon, wartet, ob etwas passiert<br>
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01:22 Uhr:<br>Der Punkt bewegt sich wieder. Alles gut. Volodymyr brummelt vor sich hin, er freue sich aufs morgige Couvert.<br>
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[[Category:Volodymyr|Volodymyr]]

Aktuelle Version vom 23. Januar 2012, 18:39 Uhr

Lwiwska Salinyzja


Volodymyr ist Betriebsleiter der überregionalen Steuerzentrale der Ukrsalisnyzja; er lebt in Jagodin nah der polnischen Grenze. Seit Jahren arbeitet er im Stellwerk der Lwiwska Salinyzja es ist eine gute, einfache, ja äusserst langweilige Arbeit. Genau richtig für einen wie ihn! Anfang der Woche bezieht Volodymyr jeweils den regulären Steuerungsplan mit den eingesetzten Sonderzügen, den vorgesehenen Umleitungen wegen Baustellen, der ganze Kram. Volodymyr liebt die Detailpläne, sie sind die dargestellte Übersicht, und manchmal denkt er, es wäre gut, für alles im Leben solch detaillierte Pläne zu haben wie für den reibungslosen Betrieb der grossen ukrainischen Eisenbahn; die ganze Welt auf dem Monitor, und überall blinken und leuchten die Lämpchen. Und wenn etwas nicht zufriedenstellend funktioniert, dann lässt sich das Problem leicht beheben, die Ursache ist jedem auf den ersten Blick ersichtlich, und schnell ist jemand zur Stelle und bringt alles in Ordnung - und schon surrt wieder alles nach Wunsch.

Donnerstags liegt in der obersten Schublade seines vollgestopften kleinen Pults jeweils das Mäppchen mit den Spezialanweisungen, so nennt er die. Die Rhythmen gleichen sich, die Angaben mit den zeitlichen Verzögerungen sind meist gut in die Pufferzonen einzubringen; jedenfalls dann, wenn sonst alles läuft, wie es soll. Die Grenzwachkontrollen werden zum Glück vorangemeldet, an solchen Tagen sind selbstverständlich keine Störungen im Grenzraum vorgesehen. Die vorprogrammierten Störungen? Es interessiert ihn nicht, was während diesen Störungen, die er nicht an die Zentralstelle der Ukrslisnyzja weiter zu leiten hat, die in keinem Rapport zu lesen sein werden -- es interessiert ihn nicht sehr, was in diesen Minuten wohl geschieht; diese Viertelstunden haben nie stattgefunden, nicht auf Papier, nicht in seinem Beamtenkopf. Er ist nur daran interessiert, dass der Zug genug Fahrt gewinnt auf den langen Strecken dazwischen; was ihn kümmert, das sind die Verspätungen, sie sollen allzu gross nicht sein, zwei Stunden nicht überschreiten, aber sonst?

Sein Gewissen ist rein! Er weiss von nichts, er weiss nur: wenn er die vorausgesagten Störungen aus dem elektronischen Logbuch löscht, wird sich bei ihm dafür die Putzfrau melden und noch dazu anders als ohnehin, sie wird die frisch gewaschene Uniform bereitlegen und in der Brusttasche wird sein hübsch gepolstertes Couvert liegen.

Yulia freut sich ganz überschwänglich über den Zusatzverdienst, über die kleinen Geschenke, die er ihr manchmal machen kann; ein neuer Kochtopf letzthin, was auch immer. Volodymyr selber freut vor allem, dass es mehr ist, als der Schwager nach Hause bringt; das ist die Hauptsache.

Volodymyr gère une des stations centrales Ukrsalisnyzja. Il vit à Jagodin près de la frontière polonaise. Depuis des années, il travaille au poste d’aiguillage de Lwiwska Salinyzya. C’est un bon boulot, simple, mais parfois ennuyeux. Mais cela lui convient bien !

Au début de la semaine, Volodymyr met en place le planning de pilotage des différents trains, il s’occupe des déviations, parfois des chantiers, il met de l’ordre dès qu’il y en a un peu trop de bazar. Volodymyr aime le détail des plans, la vue d’ensemble qu’ils proposent et parfois il pense que ce serait bien si l’on avait de tels plans pour nos propres vies. Avoir le monde entier sur un moniteur, observer, allumer, éteindre toutes ses petites lumières scintillantes. Quand quelque chose ne va pas c’est à lui qu’on fait appel pour régler les problèmes, en un clin d’œil sur le moniteur il en trouve les raisons et envoie quelqu’un sur place avec des consignes bien précises. Tout se passe toujours selon son souhait, tout se résout grâce à lui.

Chaque jeudi, il prend la carte d’assignation spatiale (comme il aime tant la nommer) dans le haut-tirroir de son bureau. Le rythme est toujours le même, les devoirs et les actions sont rapportés chronologiquement et sans grands retards. Tout se passe bien le jeudi, et les autres jours aussi. Même pour les contrôles aux frontières il n’y pas trop de problèmes, heureusement. Mais quand est-il de ces petits dérangements programmés ? Volodymyr ne s’en soucie pas, ils ne dérangent absolument pas le bon déroulement du voyage pour les passagers. Tant que le retard ne dépasse pas les deux heures, Volodymyr ne s’en inquiète pas. Cela ne prend aucune place. Ni dans ses rapports, ni dans sa tête de fonctionnaire.

Sa conscience est on ne peut plus tranquille ! il n’est au courant de rien d’autre, à l’exception de la femme de ménage qui passe - au moment où il efface les « petits dérangements » du journal de bord électronique – pour déposer près de lui son uniforme propre ainsi que son beret, dans la poche intérieur du manteau. Yulia se réjouit de manière exubérante des revenus supplémentaires de son mari, des cadeaux à la fin du mois qu’il lui fait souvent. Même si la plupart du temps, il s’agit d’une casserole. Mais ce que Volodymyr préfère, c’est montré à son beau-frère – lors de ses visites - que chez lui on ne manque de rien.