Simultan
Die Stimme: Unterschied zwischen den Versionen
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Sie stieg den kleinen Treppenabsatz herauf. Als die Stimme an ihr Ohr drang, berührte ihre Hand gerade die Klinke der Ladentür. Es war die Stimme einer Frau. | Sie stieg den kleinen Treppenabsatz herauf. Als die Stimme an ihr Ohr drang, berührte ihre Hand gerade die Klinke der Ladentür. Es war die Stimme einer Frau. | ||
− | «Du kannst lange | + | «Du kannst lange warten und hoffen – auch wenn du es tust, die Angst wirst du damit nicht los.» |
Maus zuckte zusammen, aber sie drehte sich nicht um. Ihr war auf einmal heiss und sie bemerkte, wie ihr das Blut ihr in den Kopf schoss. Fast hatte sie das Gefühl zu taumeln. | Maus zuckte zusammen, aber sie drehte sich nicht um. Ihr war auf einmal heiss und sie bemerkte, wie ihr das Blut ihr in den Kopf schoss. Fast hatte sie das Gefühl zu taumeln. |
Aktuelle Version vom 13. Januar 2011, 15:56 Uhr
Abrupt blieb sie stehen. Sie ging die paar Schritte zum Antiquariat zurück. Ohne selber zu wissen weshalb genau, hatte sie plötzlich das dringende Gefühl, es sich genauer ansehen zu müssen.
Ihre Nasenspitze berührte fast das Glas. Sie bemerkte, dass ihre Hände zitterten. Es stand in der Auslage des Schaufensters, auf einer dunklen Kommode aus edlem Holz, neben einer Zigarrenschachtel und einem Grammophon. Das Porzellanweiss, die Goldverzierungen und die Rosen an der Seiten der Drehscheibe, auf dem Dach und um die Körper der Pferde, die kleinen leuchtenden roten Steinchen. Was für ein Bild des Kitsches! Sie hatte doch sonst nie einen Hang zu solchen Dingen gehabt, was war denn nun auf einmal mit ihr los? Sie konnte nirgendwo ein Preisschild entdeckten, aber bestimmt war das Karussell sehr wertvoll. Sie fragte sich, wem es wohl einst gehört hatte. Vielleicht war es die Kindheitserinnerung einer alten Frau, die jetzt gestorben war und jemand hatte das Ding genommen und es hierher gebracht. Sie hatte nie mit solchen Sachen gespielt. Nicht dass es sie besonders interessiert hätte, aber sie hatte Gegenstände dieser Art schlichtweg nie um sich gehabt. Puppen oder so was, das hatte sie nie geschenkt gekriegt. Wenn sie jetzt an ihre Kindheit zurückdachte, erinnerte sie sich an die Tage, die sie in der Bäckerei verbracht, oder an die langen Spaziergänge, die Onkel Paul mit ihr unternommen hatte.
Im hinteren Teil des Ladens brannte Licht. Es war niemand zu sehen, aber an der Tür hing ein gelbes Schild, «heute offen».
Es wäre einfach, dachte sich Maus. Das Karussell stand in der Nähe der Tür und bestimmt gab es in Läden wie diesem noch keine Kameras.
Sie stieg den kleinen Treppenabsatz herauf. Als die Stimme an ihr Ohr drang, berührte ihre Hand gerade die Klinke der Ladentür. Es war die Stimme einer Frau.
«Du kannst lange warten und hoffen – auch wenn du es tust, die Angst wirst du damit nicht los.»
Maus zuckte zusammen, aber sie drehte sich nicht um. Ihr war auf einmal heiss und sie bemerkte, wie ihr das Blut ihr in den Kopf schoss. Fast hatte sie das Gefühl zu taumeln. Ihre Gedanken begannen zu rattern. Wer war das? Die Stimme hatte weder besonders jung noch besonders alt geklungen. Aber sie hatte keine Ahnung, nein, sie war sich ziemlich sicher, sie kannte die Stimme nicht. Einfach nicht umdrehen, dachte sie in sich hinein. Einfach nicht umdrehen, nichts sagen, einfach nur warten bis der Moment vorbei ist. Maus starrte auf ihre rechte Hand, die noch immer auf der Türklinke lag. Dann schloss sie die Augen.
Erst als sie sich ganz sicher war, dass sie keine Schritte mehr hörte, drehte Maus sich um. Ihr ganzer Körper fühlte sich steif an, aber ihre Hände waren kalt und zittern noch immer. Sie ging in die Knie und setzt sich auf die unterste Treppenstufe vor der Ladentür.