Simultan

Seifenblasen

Aus Simultan

Eine aufgetakelte Tussi, schwankend stöckelt sie davon, stolpert, sie stinkt wie ein Wannenbad mit riesigen Blasen. Grün schillernd. In das man eine ganze Flasche Schaumbad hinein gekippt hat. Dickflüssig, die Hände verklebend. Bitter, wenn ein Spritzer die Lippen trifft, glänzend aber ungenießbar. Glitschig, wenn man sich hineinlegt, auf jeden Fall hinterlistig, ein Betrug. Blasen, Seifenblasen. Wenn ich eine Nadel nähme oder auch bloß den Zeigefinger, würde diese Frau zerplatzen.
Wie sie rennt. Und strauchelt. Wovor rennt sie weg? Was alles wichtig! wichtig! ist in ihrem Leben, wie sie sich die Dinge ausdenkt. Ein Raum vollgestellt mit Schränken, Warentischen und dann bunte Stofffetzen hinaufgelegt und sie glaubt ihr Leben hinge dran. Ein Leben. Jemand, der nass und zitternd in der Kälte hockt, dessen Leben hängt vielleicht an Kleidung. Sie aber hängt ihr Leben an die Farben, die Aufdrucke, die Bilder, den Schnitt ihrer Kleider, die sie trägt, die sie verkauft. Dabei sind diese Einzelheiten nur bedeutsam, wenn man sie in ein System einordnet, dass System der Coolness, eine Rangordnung ausgemacht durch Kleidung, die man trägt, durch Körperhaltung und Connections und daran hängt sie ihr Leben, ein Leben, das von anderen abhängt, ein Leben, das nicht ihres ist, das sie sich vorstellt, das mit anderen Vorstellungen ganz anders aussähe, das nur geborgt ist, das sie gar nicht kennt, da sie das nicht kennt, was dieses Leben wie alle anderen Leben auch eigentlich ausmacht, blind rennt sie durch ihr Leben, blind, erbärmlich, spürt sie nichts, keinen Verlust, keine Hoffnung, keine Zweifel, Verzweiflung an manchen düsteren Tagen oder ist sie dann schnell mit einer Ablenkung bei der Hand, trinkt Wein, schimpft einen Angestellten aus, kauft sich teuren Schmuck oder Düfte bis sie wieder im normalen Dämmerzustand wie in einen Rausch eingelullt ist. Und das Ganze freiwillig.