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Le contrôleur / Der Schaffner

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Version vom 20. Januar 2012, 13:45 Uhr von Donatb (Diskussion | Beiträge)

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Beim Schaffner im Abteil - Dans la couchette du contrôleur


Vassili Petrov, 31 ans, est contrôleur sur la ligne Kiev- Warschau depuis bientôt trois ans.

Il adore son métier. Surtout lorsqu’il doit répondre aux sollicitations de tous les passagers en même temps si le train s’arrête 5 minutes à cause d’un « petit problème technique ». Ces messieurs pressés et ces grosses dames affolées dont aucun ne semble vouloir dormir (c’est à ça que servent les couchettes après tout) ont le don de lui taper sur les nerfs. Vassili a une petite fille de 3 ans qui fait mieux ses nuits que ces gens-là. Il veut bien que le va-et-vient dans le couloir et les portes claquées nécessaires pour régler le « petit problème technique » soient un peu dérangeants, mais il ne peut pas passer son temps à rassurer un passager juste au moment où ses collègues ont le plus besoin de lui ! Car c’est la règle : tout doit aller vite, très vite. Et ce n’est pas possible d’aller vite quand on a une grosse américaine avec un bébé sur l’épaule qui crie que, en Amérique, on ne jette pas les déchets par la fenêtre ! Mais nous avons des recycleurs pour ce genre de déchets, ne vous en faites pas Madame ! Ah, si seulement il connaissait un peu mieux l’anglais, qu’est-ce qu’il pourrait lui rétorquer. Il adore son métier, vraiment !

Aus Yegors Notizen:

Auf meiner Fahrt im Nachtzug am Freitag 21.10.2011 nutzte ich die Gelegenheit, Leute, die nahezu täglich die Schengen-Aussengrenze überqueren, nach ihrem Alltag zu befragen. Ein erstes Gespräch führte ich mit dem Schaffner Vassili Petrov. Petrov ist 31 Jahre alte und seit 3 Jahren auf der Strecke Kiew-Warschau im Dienst.
Im Folgenden die Übersetzung meiner transkribierten Tonaufnahmen; mein Gespräch mit Vassili Petrov:

Yegor Zimmermann: Vassili Petrov, Sie sind Schaffner auf der Strecke Kiew-Warschau. Wie sind Sie zu dieser Arbeit gekommen?
Vassili Petrov: Bereits mein Vater war bei der UZ. Ich wuchs also mit Zügen auf und durfte ihn bereits als kleines Kind - damals war das noch die sowjetische SŽD - auf Nachtzugfahrt begleiten. Als ich die Schule mit 15 abgeschlossen hatte, war ich zuerst lange arbeitslos, habe mal hier mal da gearbeitet. Als dann vor drei Jahren mein Vater schwer krank wurde, durfte ich seinen Posten übernehmen.

Y.Z.: Sie führen also eine Familientradition fort. Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus? – Unterscheidet er sich stark vom Arbeitsalltag Ihres Vaters vor zwanzig Jahren?
V.P.: Natürlich wurden die Züge moderner. Die neusten Kompositionen sind zum Beispiel nicht mehr mit Kohle geheizt. Das heisst, es kommt ganz auf den Zug an, den ich betreue. Für die heutige Fahrt musste ich um 15:30 Uhr in Kiew den Dienst antreten. Bei Dienstbeginn erhalten wir jeweils die frisch gewaschene Uniform und die Liste mit den gemeldeten Passagieren. Aber die stimmt häufig nicht - die Leute im Büro haben das nicht wirklich im Griff...

Y.Z.: Also gibt es viele Reisende, von deren Mitfahrt Sie nicht wissen, deren Namen nicht registriert sind? Was bedeutet das für Ihre Arbeit?
V.P.: Nichts gravierendes. Ich bin hier der Chef - das ist mein Wagen. Die im Büro kennen die Realität nicht. Ich verkaufe auch Billete direkt im Zug - das ist eine meiner Aufgaben. Wenn Sie mit mir fahren, können Sie eigentlich überall zusteigen und das Billet direkt bei mir beziehen. Das kann durchaus auch günstiger kommen als das Billet am Schalter. Wissen Sie, da habe ich schon meinen Spielraum... [lacht vielwissend]

Y.Z.: Verständlich. Der durchschnittliche Lohn eines Schaffners in der Ukraine liegt bei rund 1600 Hrywnja (umgerechnet ca. CHF 180) – das reicht keineswegs zum Überleben – und erst recht nicht um eine Familie durchzubringen. Hat man da als Schaffner auf internationalen Strecken Möglichkeiten, sich etwas dazu zu verdienen?
V.P.: Ich verkaufe Tee, Bier, Wodka im Zug. Das geht auf meine eigene Rechnung. Das hilft ein wenig. Und ansonsten hilft man sich halt so gegenseitig...

Y.Z.: Welche Probleme bringt die Arbeit als Schaffner mit sich?
V.P.: Die Fahrgäste. Eigentlich nur die Fahrgäste. Besonders nervig: Dicke Amerikanerinnen - unglaublich. Die stehen im Weg und wir sollten arbeiten. Sie könnten nicht schlafen und ich denke manchmal, selbst meine 3-jährige Tochter schläft besser durch als diese Touristen. Aber andererseits ist es kein Wunder - die sind ja häufig zu dick für das Bett, die können sich nicht mal drehen, ohne gleich runter zu fallen [lacht].

Y.Z.: Und was ist das Schöne am Schaffner-Dasein?
V.P.: Was soll ich sagen? Ich liebe meinen Job!