Simultan

Irinas Ode an den falschen Adel

Aus Simultan



Euer hochdurchlauchteste Merkwürdigkeit,


in bescheidenster Demut bitte ich Euch, meine unverzeihliche Unkenntnis ob des gesellschaftlichen Aufstiegs, welchen ihr unternommen habt, mir zu vergeben. Mir, einer geborenen von Trepkowitz, deren unbeschmutzte Gene auf eine unfehlbare Ahnenreihe der ausgezeichnetsten Häupter des preussischen Hochadels zurückreichen. Doch, nun habt Ihr es véritablement erreicht, Euch den mir seit unserer gemeinsam verbrachten Kindheit geneideten Titel anzueignen, wenn auch nur durch die Heirat mit einem entarteten Mitglied derer von Tannrauchs, welcher sich von den Traditionen und der Kultiviertheit dieses Geschlechts nicht weiter hätte entfernen können.


In Ermangelung der nötigen Erziehung und des gesellschaftlichen Feingefühls, Attribute, welche für gewöhnlich mit dem Führen eines solchen Titels einhergehen, trage ich Euch Euren kläglichen Versuch des Umgangs mit der gehoben Sprache, welche den alten Adel auszeichnet, nicht nach. Von den neuen Bezeichnungen der von Euch umbenannten Kommitées erhielt ich unglücklicherweise nicht frühzeitig genug Kenntnis. Demohngeachtet bemächtigt sich meiner ein unbehagliches Gefühl, ob der Mitteilung, dass die "Genossenschaft zur Hülfe entwurzelter weiblicher Existenzen" sich nicht in der Pflicht sieht, dem durchaus nicht erwähnungswürdigen Subjet, welches so dringiglich seiner Fürsorge bedarf, diese zuteil werden zu lassen. Ein Anflug von Ungemach ereilt mich bei dem Gedanken daran, dass dieses unchristliche Geschöpf noch weiter die Wege zäumen sollte, welche ich zu gehen genötigt bin. In dieser Sache wünschte ich wirklich, Ihr würdet mir zur Seite stehen, da mir unter widrigeren Umständen möglicherweise ein neuerlicher Fauxpas bezüglich der Adressierung gewisser Dokumente, welche eure tatsächliche Abstammung erhellen könnten, unterlaufen möge.


Da ich mich in der betrüblichen Vorahnung wähne, Euer schlichter Geist sei nicht in der Lage, den Gehalt meiner wohlgewählten Zeilen zu dechiffrieren, fasse ich deren Inhalt in der Sprache zusammen, welche ihr seit jeher von Euren Freiern gewohnt seit: Halts Maul und mach einfach, was man dir sagt, Schlampe!


Hoch-ver-achtungsvoll,


Eure Irina von Trepkowitz,

welche es nicht nötig hat, auf ihren Adelstitel zu pochen.