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Jetzt, wo sie tatsächlich doch da sitzt und auf die kleinen runden braunen Steinchen starrt, die den Stamm der Zimmerpalme umzingeln, muss sie daran denken, wie sie damals zu ihrem Namen gekommen war. Etwa 14 Jahre alt sie gewesen, ein paar Jährchen jünger als jetzt. Welche Maus ist denn da am Werk gewesen, hatte ihr Onkel von ihr wissen wollen, als er aus der Backstube kam und auf das Blech mit den zerzupften Rosinenbrötchen sah. Folglich hatte er sie ab dem Tag nur noch so genannt – Maus – in fast zärtlichem Tonfall allerdings, ganz im Gegensatz dazu wie es später ihre Tante tat. | Jetzt, wo sie tatsächlich doch da sitzt und auf die kleinen runden braunen Steinchen starrt, die den Stamm der Zimmerpalme umzingeln, muss sie daran denken, wie sie damals zu ihrem Namen gekommen war. Etwa 14 Jahre alt sie gewesen, ein paar Jährchen jünger als jetzt. Welche Maus ist denn da am Werk gewesen, hatte ihr Onkel von ihr wissen wollen, als er aus der Backstube kam und auf das Blech mit den zerzupften Rosinenbrötchen sah. Folglich hatte er sie ab dem Tag nur noch so genannt – Maus – in fast zärtlichem Tonfall allerdings, ganz im Gegensatz dazu wie es später ihre Tante tat. | ||
− | Sie blickt zur Uhr hinauf, die oberhalb des gerahmten, knatschbunten Klecksbildes tickt. Ihr bleiben noch ungefähr fünf Freiheitsminuten. Sie spürt, wie sie nun doch langsam nervös wird, das hätte sie nicht von sich gedacht. Mit ihren Fingern beginnt sie einen Takt an die Unterseite des Stuhls zu trommeln, aber es bringt keine wirkliche Ablenkung. Daraufhin versucht sie es mit einer der Zeitschriften. Als sie bemerkt, dass auch lesen nicht hilft, greift sie kurzentschlossen nach ihrem blauweissen [[Seesack|Seesack]], springt auf und huscht nochmals zur Tür raus. Toilette? Einfach nur den Gang entlang, dann zweite Tür links, flötet ihr das Empfangsfräulein entgegen.<br>Als erstes öffnet Maus das Spiegelschränkchen oberhalb des Lavabos. Sie entscheidet sich für zwei der [[Da passt alles rein, was ich tagsüber so brauche|in lindgrünem Plastik verpackten Handseifen]], [[Da passt alles rein, was ich tagsüber so brauche|eine Tube Haargel]] und [[Da passt alles rein, was ich tagsüber so brauche|eine Faust voller Wattestäbchen]]. Zackzack geht das – und die Sachen sind irgendwo auf Grund ihres Seesackes versunken. Bitte, Spannung lass nach, denkt sie. Maus atmet tief durch. Tatsächlich – schon bedeutend besser, stellt sie nach einigen Sekunden fest. Das Kribbeln, das zuvor noch ihren Körper beherrscht hatte, ist nun verschwunden.<br>Maus lässt das Schränkchen wieder zuschnappen und wirft einen Blick in den Spiegel. Scheisse aber auch, zischt sie sich entgegen und beginnt an ihren roten, kurzen Haaren rumzuzupfen. Das macht sie lange und ausgiebig und währenddessen überlegt sie sich, wie dieser [[Aaron Schmitt|Herr Schmitt]] wohl aussieht. Jetzt tu nicht so, hört sie in dem Moment in Gedanken zudem wieder ihre Tante sagen, deiner Cousine [[Nadine|Nadine]] hat er immerhin helfen können. Wer`s glaubt wird selig, denkt Maus. Nadine hatte doch im Grunde noch immer denselben Dachschaden wie vor einem Jahr. Wunder schien Herr Freud also keine bewirken zu können. Maus stellt ihn sich dick vor, mit fleischigen Schweisshänden. Und sie tippt auf Glatze. Und Brille. Aber wie auch immer – eigentlich spielte es keine Rolle. Sie würde sich nach dieser Sitzung heute sowieso kein zweites Mal mehr blicken lassen. <br><br> | + | Sie blickt zur Uhr hinauf, die oberhalb des gerahmten, knatschbunten Klecksbildes tickt. Ihr bleiben noch ungefähr fünf Freiheitsminuten. Sie spürt, wie sie nun doch langsam nervös wird, das hätte sie nicht von sich gedacht. Mit ihren Fingern beginnt sie einen Takt an die Unterseite des Stuhls zu trommeln, aber es bringt keine wirkliche Ablenkung. Daraufhin versucht sie es mit einer der Zeitschriften. Als sie bemerkt, dass auch lesen nicht hilft, greift sie kurzentschlossen nach ihrem blauweissen [[Seesack|Seesack]], springt auf und huscht nochmals zur Tür raus. Toilette? Einfach nur den Gang entlang, dann zweite Tür links, flötet ihr das Empfangsfräulein entgegen.<br>Als erstes öffnet Maus das Spiegelschränkchen oberhalb des Lavabos. Sie entscheidet sich für zwei der [[Da passt alles rein, was ich tagsüber so brauche|in lindgrünem Plastik verpackten Handseifen]], [[Da passt alles rein, was ich tagsüber so brauche|eine Tube Haargel]] und [[Da passt alles rein, was ich tagsüber so brauche|eine Faust voller Wattestäbchen]]. Zackzack geht das – und die Sachen sind irgendwo auf Grund ihres Seesackes versunken. Bitte, Spannung lass nach, denkt sie. Maus atmet tief durch. Tatsächlich – schon bedeutend besser, stellt sie nach einigen Sekunden fest. Das Kribbeln, das zuvor noch ihren Körper beherrscht hatte, ist nun verschwunden.<br>Maus lässt das Schränkchen wieder zuschnappen und wirft einen Blick in den Spiegel. Scheisse aber auch, zischt sie sich entgegen und beginnt an ihren roten, kurzen Haaren rumzuzupfen. Das macht sie lange und ausgiebig und währenddessen überlegt sie sich, wie dieser [[Aaron Schmitt|Herr Schmitt]] wohl aussieht. Jetzt tu nicht so, hört sie in dem Moment in Gedanken zudem wieder ihre Tante sagen, deiner Cousine [[Nadine|Nadine]] hat er immerhin helfen können. Wer`s glaubt wird selig, denkt Maus. Nadine hatte doch im Grunde noch immer denselben Dachschaden wie vor einem Jahr. Wunder schien Herr Freud also keine bewirken zu können. Maus stellt ihn sich dick vor, mit fleischigen Schweisshänden. Und sie tippt auf Glatze. Und Brille. Aber wie auch immer – eigentlich spielte es keine Rolle. Sie würde sich nach dieser Sitzung heute sowieso kein zweites Mal mehr blicken lassen. <br><br> |
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Aktuelle Version vom 14. Januar 2011, 10:09 Uhr
Jetzt, wo sie tatsächlich doch da sitzt und auf die kleinen runden braunen Steinchen starrt, die den Stamm der Zimmerpalme umzingeln, muss sie daran denken, wie sie damals zu ihrem Namen gekommen war. Etwa 14 Jahre alt sie gewesen, ein paar Jährchen jünger als jetzt. Welche Maus ist denn da am Werk gewesen, hatte ihr Onkel von ihr wissen wollen, als er aus der Backstube kam und auf das Blech mit den zerzupften Rosinenbrötchen sah. Folglich hatte er sie ab dem Tag nur noch so genannt – Maus – in fast zärtlichem Tonfall allerdings, ganz im Gegensatz dazu wie es später ihre Tante tat.
Sie blickt zur Uhr hinauf, die oberhalb des gerahmten, knatschbunten Klecksbildes tickt. Ihr bleiben noch ungefähr fünf Freiheitsminuten. Sie spürt, wie sie nun doch langsam nervös wird, das hätte sie nicht von sich gedacht. Mit ihren Fingern beginnt sie einen Takt an die Unterseite des Stuhls zu trommeln, aber es bringt keine wirkliche Ablenkung. Daraufhin versucht sie es mit einer der Zeitschriften. Als sie bemerkt, dass auch lesen nicht hilft, greift sie kurzentschlossen nach ihrem blauweissen Seesack, springt auf und huscht nochmals zur Tür raus. Toilette? Einfach nur den Gang entlang, dann zweite Tür links, flötet ihr das Empfangsfräulein entgegen.
Als erstes öffnet Maus das Spiegelschränkchen oberhalb des Lavabos. Sie entscheidet sich für zwei der in lindgrünem Plastik verpackten Handseifen, eine Tube Haargel und eine Faust voller Wattestäbchen. Zackzack geht das – und die Sachen sind irgendwo auf Grund ihres Seesackes versunken. Bitte, Spannung lass nach, denkt sie. Maus atmet tief durch. Tatsächlich – schon bedeutend besser, stellt sie nach einigen Sekunden fest. Das Kribbeln, das zuvor noch ihren Körper beherrscht hatte, ist nun verschwunden.
Maus lässt das Schränkchen wieder zuschnappen und wirft einen Blick in den Spiegel. Scheisse aber auch, zischt sie sich entgegen und beginnt an ihren roten, kurzen Haaren rumzuzupfen. Das macht sie lange und ausgiebig und währenddessen überlegt sie sich, wie dieser Herr Schmitt wohl aussieht. Jetzt tu nicht so, hört sie in dem Moment in Gedanken zudem wieder ihre Tante sagen, deiner Cousine Nadine hat er immerhin helfen können. Wer`s glaubt wird selig, denkt Maus. Nadine hatte doch im Grunde noch immer denselben Dachschaden wie vor einem Jahr. Wunder schien Herr Freud also keine bewirken zu können. Maus stellt ihn sich dick vor, mit fleischigen Schweisshänden. Und sie tippt auf Glatze. Und Brille. Aber wie auch immer – eigentlich spielte es keine Rolle. Sie würde sich nach dieser Sitzung heute sowieso kein zweites Mal mehr blicken lassen.