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ESPRIT-Kollektion: Unterschied zwischen den Versionen

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Marianne betritt die Modeboutique “ModEsteria“ an der Untergasse 26, das Geschäft von Ester Schneiter. Es ist noch früh, der Laden hat erst gerade aufgemacht. Die Inhaberin ist damit beschäftigt, Pullover zusammen zu legen und zu stapeln.<br>Marianne hatte eben einen Kaffee getrunken. Im Café gegenüber. Gestern wurde es wieder spät. Sie war mit ihrem Mann an ein Fest eingeladen, in einer ehemaligen Kaserne. Ihr Freund Paul Gerster feierte seinen fünfzigsten Geburtstag. Es gab viel zu essen und zu trinken. Einige seiner Freunde hatten auch eine Tanznummer für ihn vorbereitet. Marianne hatte sich für den Anlass ein neues Kleid gekauft. Und zwar in der Esprit-Laden, im Ausverkauf. <br>Ester Schneiter dreht sich zu Marianne um, nachdem sie durch die Türglocke deren Eintreten bemerkte. Marianne trägt noch immer die Kleider vom Vorabend: das lange Sommerkleid, es ist braun mit weissem Blumenmuster. Ihr Haar ist lang und über ihren Schultern nach aussen gewellt. Es ist blond-braun. Marianne trägt eine Brille. Ihre Absatzschuhe sind beige. Sie ist schlank. Ester Schneiter weiss nichts von dem Anlass am Vorabend, aber sie wundert sich über die elegant gekleidete Kundin, so früh am Morgen.<br>„Guten Tag“, sagt Ester Schneiter. „Was kann ich für Sie tun?“<br>„Guten Tag. Ich suche eine Handtasche… Sehen Sie die hier?“ Marianne hält ihre Handtasche hoch, so dass Ester Schneiter sie sehen kann. „Die ist viel zu gross!“ Die Handtasche von Marianne sieht aus wie eine Strandtasche, in der ein Sonnenschirm und ein Fussball Platz finden müssten.<br>Ester Schneiter schaut Marianne in die Augen. Sie liegen tief in ihrem Kopf, unterhalb von den markigen dunkelbraunen Augenbrauen. Es sind Augenbrauen, wie sie sonst nur Männer haben, aber in Mariannes Gesicht stören sie nicht. Sie geben dem Gesicht Charakter, und wenn man mit ihr spricht, wünscht man sich, dass sie sie hochzieht, um zu zeigen, dass sie einem zuhört. Marianne hat volle Lippen, die rot angemalt sind. Nicht von gestern, sondern von heute früh.<br>Marianne mag es nicht, dass man immer gleich von oben bis unten gemustert wird, wenn man ein Kleidergeschäft betritt. Die Verkäuferinnen versuchen immer, die Kundinnen einzustufen. Ob sie Geld haben, ob sie etwas wollen, welchen Stil sie haben. Oder: Haben sie überhaupt Geld, wollen sie überhaupt etwas, haben sie überhaupt Stil. Marianne kann sich sehen lassen. Aber sie frequentiert doch nur bestimmte Geschäfte, in denen man ungezwungen mit der Kundschaft umgeht. Und die nicht zu teuer sind.<br>„Ich habe hier eine Kollektion aus Italien“, sagt Ester Schneiter. „Ein junger Designer…“<br>Ester Schneiter streicht mit der Hand über eine weisse Ledertasche mit grünen Punkten. Marianne steht neben ihr und lässt den Blick über die Handtaschenauslage gleiten. „Haben Sie vielleicht auch etwas weniger Grelles? Ich finde, diese Farben passen nicht zur Jahreszeit.“ Es ist Spätsommer, und Marianne legt Wert darauf, sich nach den gerade aktuellen Farben der Natur zu kleiden. Im Frühjahr würde sie eine solche Handtasche vielleicht tragen, aber jetzt, wo die Blätter ihre Farben verlieren, bevorzugt sie doch eher ruhige Farben.<br>Eine weitere Kundin betritt den Laden. Sie begrüsst die beiden Frauen und geht in Richtung einer Wand, an der Blusen und Jacken hängen. Sie hat kurzes, oranges Haar, trägt eine wollene Umhängetasche und sieht auch sonst durch und durch alternativ aus. An ihrer Wolltasche hängt eine Gummiente, und in den Haaren trägt sie einen Haarreif. Ester Schneiter schaut sie kurz von oben bis unten an und fragt sich, was sie in ihrem Geschäft verloren hat.<br>„Entschuldigen Sie mich bitte...!“, sagt Ester Schneiter zu Marianne und geht in Richtung der Frau. Marianne hört das Gemurmel eines Gesprächs.<br>„Haben Sie sich schon entschieden?“, fragt Ester Schneiter Marianne, nachdem sie die unerwünschte Frau abwimmelte.<br>„Nein, ich brauche noch einen Augenblick…“<br>Ester Schneiter steht dicht neben Marianne und schaut sich den Stoff ihres Kleides an. „Darf ich Sie fragen, von wo Sie dieses Kleid haben?“<br>„Aus dem Esprit-Laden…“<br>„Das ist ein aussergewöhnlich schöner Stoff!“, sagt Ester Schneiter. „Ich hätte nicht gedacht, dass Esprit solche schönen Stoffe führt.“<br>„Doch, doch… Esprit hat viele schöne Dinge… Sie müssen nur mal schauen gehen! Die Konkurrenz ausspionieren!“<br>„Ja, das wäre vielleicht eine gute Idee… Aber wissen Sie, seit einiger Zeit mache ich einen grossen Bogen um Esprit…“<br>Marianne schaut wieder auf den Tisch mit den Handtaschen, hebt eine pastellfarbene hoch und sie Ester Schneiter hin. „Ich glaube, ich nehme diese hier!“<br>„Darf ich Sie dann gleich zur Kasse bitten?“<br>Erst als Marianne zur Kasse geht, fällt Ester Schneiter auf, wie gross sie ist. Ein Meter achtzig, mindestens. Sie hat unendlich lange Beine, die unter dem Kleid hervorlugen. Aus ihrer alten Handtasche kramt sie ihr Portemonnaie und bezahlt die neue.<br>  
 
Marianne betritt die Modeboutique “ModEsteria“ an der Untergasse 26, das Geschäft von Ester Schneiter. Es ist noch früh, der Laden hat erst gerade aufgemacht. Die Inhaberin ist damit beschäftigt, Pullover zusammen zu legen und zu stapeln.<br>Marianne hatte eben einen Kaffee getrunken. Im Café gegenüber. Gestern wurde es wieder spät. Sie war mit ihrem Mann an ein Fest eingeladen, in einer ehemaligen Kaserne. Ihr Freund Paul Gerster feierte seinen fünfzigsten Geburtstag. Es gab viel zu essen und zu trinken. Einige seiner Freunde hatten auch eine Tanznummer für ihn vorbereitet. Marianne hatte sich für den Anlass ein neues Kleid gekauft. Und zwar in der Esprit-Laden, im Ausverkauf. <br>Ester Schneiter dreht sich zu Marianne um, nachdem sie durch die Türglocke deren Eintreten bemerkte. Marianne trägt noch immer die Kleider vom Vorabend: das lange Sommerkleid, es ist braun mit weissem Blumenmuster. Ihr Haar ist lang und über ihren Schultern nach aussen gewellt. Es ist blond-braun. Marianne trägt eine Brille. Ihre Absatzschuhe sind beige. Sie ist schlank. Ester Schneiter weiss nichts von dem Anlass am Vorabend, aber sie wundert sich über die elegant gekleidete Kundin, so früh am Morgen.<br>„Guten Tag“, sagt Ester Schneiter. „Was kann ich für Sie tun?“<br>„Guten Tag. Ich suche eine Handtasche… Sehen Sie die hier?“ Marianne hält ihre Handtasche hoch, so dass Ester Schneiter sie sehen kann. „Die ist viel zu gross!“ Die Handtasche von Marianne sieht aus wie eine Strandtasche, in der ein Sonnenschirm und ein Fussball Platz finden müssten.<br>Ester Schneiter schaut Marianne in die Augen. Sie liegen tief in ihrem Kopf, unterhalb von den markigen dunkelbraunen Augenbrauen. Es sind Augenbrauen, wie sie sonst nur Männer haben, aber in Mariannes Gesicht stören sie nicht. Sie geben dem Gesicht Charakter, und wenn man mit ihr spricht, wünscht man sich, dass sie sie hochzieht, um zu zeigen, dass sie einem zuhört. Marianne hat volle Lippen, die rot angemalt sind. Nicht von gestern, sondern von heute früh.<br>Marianne mag es nicht, dass man immer gleich von oben bis unten gemustert wird, wenn man ein Kleidergeschäft betritt. Die Verkäuferinnen versuchen immer, die Kundinnen einzustufen. Ob sie Geld haben, ob sie etwas wollen, welchen Stil sie haben. Oder: Haben sie überhaupt Geld, wollen sie überhaupt etwas, haben sie überhaupt Stil. Marianne kann sich sehen lassen. Aber sie frequentiert doch nur bestimmte Geschäfte, in denen man ungezwungen mit der Kundschaft umgeht. Und die nicht zu teuer sind.<br>„Ich habe hier eine Kollektion aus Italien“, sagt Ester Schneiter. „Ein junger Designer…“<br>Ester Schneiter streicht mit der Hand über eine weisse Ledertasche mit grünen Punkten. Marianne steht neben ihr und lässt den Blick über die Handtaschenauslage gleiten. „Haben Sie vielleicht auch etwas weniger Grelles? Ich finde, diese Farben passen nicht zur Jahreszeit.“ Es ist Spätsommer, und Marianne legt Wert darauf, sich nach den gerade aktuellen Farben der Natur zu kleiden. Im Frühjahr würde sie eine solche Handtasche vielleicht tragen, aber jetzt, wo die Blätter ihre Farben verlieren, bevorzugt sie doch eher ruhige Farben.<br>Eine weitere Kundin betritt den Laden. Sie begrüsst die beiden Frauen und geht in Richtung einer Wand, an der Blusen und Jacken hängen. Sie hat kurzes, oranges Haar, trägt eine wollene Umhängetasche und sieht auch sonst durch und durch alternativ aus. An ihrer Wolltasche hängt eine Gummiente, und in den Haaren trägt sie einen Haarreif. Ester Schneiter schaut sie kurz von oben bis unten an und fragt sich, was sie in ihrem Geschäft verloren hat.<br>„Entschuldigen Sie mich bitte...!“, sagt Ester Schneiter zu Marianne und geht in Richtung der Frau. Marianne hört das Gemurmel eines Gesprächs.<br>„Haben Sie sich schon entschieden?“, fragt Ester Schneiter Marianne, nachdem sie die unerwünschte Frau abwimmelte.<br>„Nein, ich brauche noch einen Augenblick…“<br>Ester Schneiter steht dicht neben Marianne und schaut sich den Stoff ihres Kleides an. „Darf ich Sie fragen, von wo Sie dieses Kleid haben?“<br>„Aus dem Esprit-Laden…“<br>„Das ist ein aussergewöhnlich schöner Stoff!“, sagt Ester Schneiter. „Ich hätte nicht gedacht, dass Esprit solche schönen Stoffe führt.“<br>„Doch, doch… Esprit hat viele schöne Dinge… Sie müssen nur mal schauen gehen! Die Konkurrenz ausspionieren!“<br>„Ja, das wäre vielleicht eine gute Idee… Aber wissen Sie, seit einiger Zeit mache ich einen grossen Bogen um Esprit…“<br>Marianne schaut wieder auf den Tisch mit den Handtaschen, hebt eine pastellfarbene hoch und sie Ester Schneiter hin. „Ich glaube, ich nehme diese hier!“<br>„Darf ich Sie dann gleich zur Kasse bitten?“<br>Erst als Marianne zur Kasse geht, fällt Ester Schneiter auf, wie gross sie ist. Ein Meter achtzig, mindestens. Sie hat unendlich lange Beine, die unter dem Kleid hervorlugen. Aus ihrer alten Handtasche kramt sie ihr Portemonnaie und bezahlt die neue.<br>  
 
 
  
 
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Version vom 24. Oktober 2008, 10:45 Uhr

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Marianne betritt die Modeboutique “ModEsteria“ an der Untergasse 26, das Geschäft von Ester Schneiter. Es ist noch früh, der Laden hat erst gerade aufgemacht. Die Inhaberin ist damit beschäftigt, Pullover zusammen zu legen und zu stapeln.
Marianne hatte eben einen Kaffee getrunken. Im Café gegenüber. Gestern wurde es wieder spät. Sie war mit ihrem Mann an ein Fest eingeladen, in einer ehemaligen Kaserne. Ihr Freund Paul Gerster feierte seinen fünfzigsten Geburtstag. Es gab viel zu essen und zu trinken. Einige seiner Freunde hatten auch eine Tanznummer für ihn vorbereitet. Marianne hatte sich für den Anlass ein neues Kleid gekauft. Und zwar in der Esprit-Laden, im Ausverkauf.
Ester Schneiter dreht sich zu Marianne um, nachdem sie durch die Türglocke deren Eintreten bemerkte. Marianne trägt noch immer die Kleider vom Vorabend: das lange Sommerkleid, es ist braun mit weissem Blumenmuster. Ihr Haar ist lang und über ihren Schultern nach aussen gewellt. Es ist blond-braun. Marianne trägt eine Brille. Ihre Absatzschuhe sind beige. Sie ist schlank. Ester Schneiter weiss nichts von dem Anlass am Vorabend, aber sie wundert sich über die elegant gekleidete Kundin, so früh am Morgen.
„Guten Tag“, sagt Ester Schneiter. „Was kann ich für Sie tun?“
„Guten Tag. Ich suche eine Handtasche… Sehen Sie die hier?“ Marianne hält ihre Handtasche hoch, so dass Ester Schneiter sie sehen kann. „Die ist viel zu gross!“ Die Handtasche von Marianne sieht aus wie eine Strandtasche, in der ein Sonnenschirm und ein Fussball Platz finden müssten.
Ester Schneiter schaut Marianne in die Augen. Sie liegen tief in ihrem Kopf, unterhalb von den markigen dunkelbraunen Augenbrauen. Es sind Augenbrauen, wie sie sonst nur Männer haben, aber in Mariannes Gesicht stören sie nicht. Sie geben dem Gesicht Charakter, und wenn man mit ihr spricht, wünscht man sich, dass sie sie hochzieht, um zu zeigen, dass sie einem zuhört. Marianne hat volle Lippen, die rot angemalt sind. Nicht von gestern, sondern von heute früh.
Marianne mag es nicht, dass man immer gleich von oben bis unten gemustert wird, wenn man ein Kleidergeschäft betritt. Die Verkäuferinnen versuchen immer, die Kundinnen einzustufen. Ob sie Geld haben, ob sie etwas wollen, welchen Stil sie haben. Oder: Haben sie überhaupt Geld, wollen sie überhaupt etwas, haben sie überhaupt Stil. Marianne kann sich sehen lassen. Aber sie frequentiert doch nur bestimmte Geschäfte, in denen man ungezwungen mit der Kundschaft umgeht. Und die nicht zu teuer sind.
„Ich habe hier eine Kollektion aus Italien“, sagt Ester Schneiter. „Ein junger Designer…“
Ester Schneiter streicht mit der Hand über eine weisse Ledertasche mit grünen Punkten. Marianne steht neben ihr und lässt den Blick über die Handtaschenauslage gleiten. „Haben Sie vielleicht auch etwas weniger Grelles? Ich finde, diese Farben passen nicht zur Jahreszeit.“ Es ist Spätsommer, und Marianne legt Wert darauf, sich nach den gerade aktuellen Farben der Natur zu kleiden. Im Frühjahr würde sie eine solche Handtasche vielleicht tragen, aber jetzt, wo die Blätter ihre Farben verlieren, bevorzugt sie doch eher ruhige Farben.
Eine weitere Kundin betritt den Laden. Sie begrüsst die beiden Frauen und geht in Richtung einer Wand, an der Blusen und Jacken hängen. Sie hat kurzes, oranges Haar, trägt eine wollene Umhängetasche und sieht auch sonst durch und durch alternativ aus. An ihrer Wolltasche hängt eine Gummiente, und in den Haaren trägt sie einen Haarreif. Ester Schneiter schaut sie kurz von oben bis unten an und fragt sich, was sie in ihrem Geschäft verloren hat.
„Entschuldigen Sie mich bitte...!“, sagt Ester Schneiter zu Marianne und geht in Richtung der Frau. Marianne hört das Gemurmel eines Gesprächs.
„Haben Sie sich schon entschieden?“, fragt Ester Schneiter Marianne, nachdem sie die unerwünschte Frau abwimmelte.
„Nein, ich brauche noch einen Augenblick…“
Ester Schneiter steht dicht neben Marianne und schaut sich den Stoff ihres Kleides an. „Darf ich Sie fragen, von wo Sie dieses Kleid haben?“
„Aus dem Esprit-Laden…“
„Das ist ein aussergewöhnlich schöner Stoff!“, sagt Ester Schneiter. „Ich hätte nicht gedacht, dass Esprit solche schönen Stoffe führt.“
„Doch, doch… Esprit hat viele schöne Dinge… Sie müssen nur mal schauen gehen! Die Konkurrenz ausspionieren!“
„Ja, das wäre vielleicht eine gute Idee… Aber wissen Sie, seit einiger Zeit mache ich einen grossen Bogen um Esprit…“
Marianne schaut wieder auf den Tisch mit den Handtaschen, hebt eine pastellfarbene hoch und sie Ester Schneiter hin. „Ich glaube, ich nehme diese hier!“
„Darf ich Sie dann gleich zur Kasse bitten?“
Erst als Marianne zur Kasse geht, fällt Ester Schneiter auf, wie gross sie ist. Ein Meter achtzig, mindestens. Sie hat unendlich lange Beine, die unter dem Kleid hervorlugen. Aus ihrer alten Handtasche kramt sie ihr Portemonnaie und bezahlt die neue.