Simultan

Eine ganze Menge Mitesser: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Simultan

(Die Seite wurde neu angelegt: „Wohnst du alleine hier?“, fragte er, vor Mariannes Haustür stehend. Er trug nur einen Trainingsanzug und hatte noch nicht geduscht. Es war neun Uhr abends. Ein Bi...)
 
Zeile 1: Zeile 1:
„Wohnst du alleine hier?“, fragte er, vor Mariannes Haustür stehend. Er trug nur einen Trainingsanzug und hatte noch nicht geduscht. Es war neun Uhr abends. Ein Bier hatte er schon getrunken, vielleicht würden es noch mehr werden an diesem Abend. Sie wich zurück und schob die Tür ein Stück zu. <br>„Wo wohnst du denn?“, fragte sie ihn.<br>„Im Haus gegenüber..." Er zeigte hinter sich. "Ich dachte, wir könnten vielleicht mal was trinken gehen oder so…“<br>„Ich weiss nicht. Ich bin verheiratet.“<br>„Das macht nichts.“ Er sagte, dass sie auch zu dritt etwas machen könnten.<br>„Komm doch rein“, sagte Marianne plötzlich. Es klang, als ob sie diese Idee schon längere Zeit im Kopf hatte.<br>„Soll ich die Schuhe ausziehen?“<br>„Nein, ich habe eh schon lange nicht mehr geputzt.“<br>Im Flur lagen Berge alter Frauenzeitschriften. Freundin, Brigitte, Annabelle… Sie betraten das Wohnzimmer. An allen Wänden standen Aquarien, in denen sich hunderte Fische tümmelten.&nbsp; Marianne bat ihn in die Küche. „Magst du Kaffee? Ich kaufe ja nur diesen Fair-Trade-Kaffee, weil mir die Kaffeebauern in Südamerika so leid tun.“<br>„Ja, gerne. Südamerika ist schön.“<br>„Warst du schon mal da? Ich möchte da schon seit Ewigkeiten mal hin.“<br>„Ja, letzten Sommer. Bevor ich hierher gezogen bin. Habe Freunde besucht, die ausgewandert sind. Nach Chile.“<br>Sie nahm die Kaffeekanne, schraubte sie auf, füllte etwas Wasser ein, setzte den Kolben ein, löffelte aus einer Dose das Kaffeepulver in den Kolben, setzte den Behälter auf und schliesslich die Kanne auf eine Herdplatte. Er konnte sehen, dass es eine automatisierte Handlung war.<br>„Magst du Kuchen?“, fragte sie. „Ich habe Kuchen gebacken.“<br>Er konnte nicht einmal antworten, da hatte sie schon einen Teller in der Hand, auf dem ein Kuchenstück lag. Marianne setzte sich auf die Couch und schaltete den Fernseher ein. Sie sass vor dem Fernseher und ass ihr Kuchenstück, während er mit der Kaffeekanne in der Küche stand.<br>„Soll ich hier etwas aufpassen?“, rief er.<br>„Was?“, rief sie zurück. Dann erschien sie in der Küchentür. „Entschuldige! Ich habe ganz vergessen, dass du noch hier bist. Wie ist eigentlich dein Name?“<br>„Petersen. Christoph Petersen.“
+
„Wohnen Sie alleine hier?“, fragte er, vor Mariannes Haustür stehend. Er trug nur einen Trainingsanzug und hatte noch nicht geduscht. Es war neun Uhr abends. Ein Bier hatte er schon getrunken, vielleicht würden es noch mehr werden an diesem Abend. Sie wich zurück und schob die Tür ein Stück zu. <br>„Wo wohnen Sie denn?“, fragte sie ihn.<br>„Im Haus gegenüber..." Er zeigte hinter sich. "Ich dachte, wir könnten vielleicht mal was trinken gehen oder so…“<br>„Ich weiss nicht. Ich bin verheiratet.“<br>„Das macht nichts.“ Er sagte, dass sie auch zu dritt etwas machen könnten.<br>„Kommen Sie doch rein“, sagte Marianne plötzlich. Es klang, als ob sie diese Idee schon längere Zeit im Kopf hatte.<br>„Soll ich die Schuhe ausziehen?“<br>„Nein, ich habe eh schon lange nicht mehr geputzt.“<br>Im Flur lagen Berge alter Frauenzeitschriften. Freundin, Brigitte, Annabelle… Sie betraten das Wohnzimmer. An allen Wänden standen Aquarien, in denen sich hunderte Fische tümmelten.&nbsp; Marianne bat ihn in die Küche. Mögen Sie Kaffee? Ich kaufe ja nur diesen Fair-Trade-Kaffee, weil mir die Kaffeebauern in Südamerika so leid tun.“<br>„Ja, gerne. Südamerika ist schön.“<br>„Waren Sie schon mal da? Ich möchte da schon seit Ewigkeiten mal hin.“<br>„Ja, letzten Sommer. Bevor ich hierher gezogen bin. Habe Freunde besucht, die ausgewandert sind. Nach Chile.“<br>Sie nahm die Kaffeekanne, schraubte sie auf, füllte etwas Wasser ein, setzte den Kolben ein, löffelte aus einer Dose das Kaffeepulver in den Kolben, setzte den Behälter auf und schliesslich die Kanne auf eine Herdplatte. Er konnte sehen, dass es eine automatisierte Handlung war.<br>„Mögen Sie Kuchen?“, fragte sie. „Ich habe Kuchen gebacken.“<br>Er konnte nicht einmal antworten, da hatte sie schon einen Teller in der Hand, auf dem ein Kuchenstück lag. Marianne setzte sich auf die Couch und schaltete den Fernseher ein. Sie sass vor dem Fernseher und ass ihr Kuchenstück, während er mit der Kaffeekanne in der Küche stand.<br>„Soll ich hier etwas aufpassen?“, rief er.<br>„Was?“, rief sie zurück. Dann erschien sie in der Küchentür. „Entschuldigen Sie! Ich habe ganz vergessen, dass Sie noch hier sind. Wie ist eigentlich Ihr Name?“<br>„Petersen. Christoph Petersen.“  
  
"Marianne Ingolf. Und was machst du so im Leben, Christoph Petersen?“<br>„Telematiker.“<br>„Das sind die mit den Computern, richtig?“<br>„Nicht ganz. Ein Telematiker verlegt Leitungen“, antwortete er.<br>„Schön. Ich bin Kosmetikerin. Du hast sicher die geschlossene Türe am Ende des Flurs gesehen. Dahinter ist mein Studio. Ich verdiene nicht viel, aber zum Leben reicht es gerade.“<br>„Du hast ja auch eine ganze Menge Mitesser", sagte er.<br>„Du meinst meine Kunden?“, fragte sie.<br>„Nein, die Fische!“, sagte er.<br>
+
"Marianne Ingolf. Und was machen Sie so im Leben, Christoph Petersen?“<br>„Telematiker.“<br>„Das sind die mit den Computern, richtig?“<br>„Nicht ganz. Ein Telematiker verlegt Leitungen“, antwortete er.<br>„Schön. Ich bin Kosmetikerin. Sie haben sicher die geschlossene Türe am Ende des Flurs gesehen. Dahinter ist mein Studio. Ich verdiene nicht viel, aber zum Leben reicht es gerade.“<br>Sie haben ja auch eine ganze Menge Mitesser", sagte er.<br>„Sie meinen mein Gesicht?“, fragte sie.<br>„Nein, die Fische natürlich!“, sagte er.<br>

Version vom 16. Oktober 2008, 13:27 Uhr

„Wohnen Sie alleine hier?“, fragte er, vor Mariannes Haustür stehend. Er trug nur einen Trainingsanzug und hatte noch nicht geduscht. Es war neun Uhr abends. Ein Bier hatte er schon getrunken, vielleicht würden es noch mehr werden an diesem Abend. Sie wich zurück und schob die Tür ein Stück zu.
„Wo wohnen Sie denn?“, fragte sie ihn.
„Im Haus gegenüber..." Er zeigte hinter sich. "Ich dachte, wir könnten vielleicht mal was trinken gehen oder so…“
„Ich weiss nicht. Ich bin verheiratet.“
„Das macht nichts.“ Er sagte, dass sie auch zu dritt etwas machen könnten.
„Kommen Sie doch rein“, sagte Marianne plötzlich. Es klang, als ob sie diese Idee schon längere Zeit im Kopf hatte.
„Soll ich die Schuhe ausziehen?“
„Nein, ich habe eh schon lange nicht mehr geputzt.“
Im Flur lagen Berge alter Frauenzeitschriften. Freundin, Brigitte, Annabelle… Sie betraten das Wohnzimmer. An allen Wänden standen Aquarien, in denen sich hunderte Fische tümmelten.  Marianne bat ihn in die Küche. Mögen Sie Kaffee? Ich kaufe ja nur diesen Fair-Trade-Kaffee, weil mir die Kaffeebauern in Südamerika so leid tun.“
„Ja, gerne. Südamerika ist schön.“
„Waren Sie schon mal da? Ich möchte da schon seit Ewigkeiten mal hin.“
„Ja, letzten Sommer. Bevor ich hierher gezogen bin. Habe Freunde besucht, die ausgewandert sind. Nach Chile.“
Sie nahm die Kaffeekanne, schraubte sie auf, füllte etwas Wasser ein, setzte den Kolben ein, löffelte aus einer Dose das Kaffeepulver in den Kolben, setzte den Behälter auf und schliesslich die Kanne auf eine Herdplatte. Er konnte sehen, dass es eine automatisierte Handlung war.
„Mögen Sie Kuchen?“, fragte sie. „Ich habe Kuchen gebacken.“
Er konnte nicht einmal antworten, da hatte sie schon einen Teller in der Hand, auf dem ein Kuchenstück lag. Marianne setzte sich auf die Couch und schaltete den Fernseher ein. Sie sass vor dem Fernseher und ass ihr Kuchenstück, während er mit der Kaffeekanne in der Küche stand.
„Soll ich hier etwas aufpassen?“, rief er.
„Was?“, rief sie zurück. Dann erschien sie in der Küchentür. „Entschuldigen Sie! Ich habe ganz vergessen, dass Sie noch hier sind. Wie ist eigentlich Ihr Name?“
„Petersen. Christoph Petersen.“

"Marianne Ingolf. Und was machen Sie so im Leben, Christoph Petersen?“
„Telematiker.“
„Das sind die mit den Computern, richtig?“
„Nicht ganz. Ein Telematiker verlegt Leitungen“, antwortete er.
„Schön. Ich bin Kosmetikerin. Sie haben sicher die geschlossene Türe am Ende des Flurs gesehen. Dahinter ist mein Studio. Ich verdiene nicht viel, aber zum Leben reicht es gerade.“
Sie haben ja auch eine ganze Menge Mitesser", sagte er.
„Sie meinen mein Gesicht?“, fragte sie.
„Nein, die Fische natürlich!“, sagte er.